Lesbos

Description

Lesbos oder Lesvos (griechisch Λέσβος (f. sg.), türkisch Midilli Adası) ist die drittgrößte Insel Griechenlands und die achtgrößte im Mittelmeer. Seit 2011 bildet die Insel die Gemeinde Lesbos (Δήμος Λέσβου) und den Regionalbezirk Lesbos (Περιφερειακή Ενότητα Λέσβου) in der Region Nördliche Ägäis. Nach der Volkszählung von 2011 hatte die Insel insgesamt 86.436 Einwohner. In Mytilini, dem Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum der Insel, lebten 37.890 Einwohner.

Lage

Lesbos liegt in der nördlichen Ägäis weit im Osten gegenüber der türkischen Küste und wird innerhalb der Nordostägäischen Inseln zu den Ostägäischen Inseln gezählt. Im Norden trennt der Golf von Edremit (Edremit Körfezi) die Insel von Kleinasien mit etwa neun Kilometern in kürzester Entfernung, im Osten die etwa 15 km breite Meerenge von Lesbos (Στενό Μυτιλήνης). Die nächstgelegenen größeren Inseln sind Chios 48 km südlich, Psara 65 km südwestlich, Agios Efstratios 76 km westlich sowie Limnos 74 km nordwestlich.

Gestalt

Lesbos ist vulkanischen Ursprungs und reicht an mehreren Stellen bis nahezu tausend Meter über das Meer. Die 1635,998 km²[3] große Insel wird durch zwei von Süden her tief ins Inselinnere reichende Einbuchtungen gegliedert. Ihre maximale Ausdehnung von etwas mehr als 70 km erreicht Lesbos gemessen vom Kap Agrilia (Ακρωτήριο Αγριλιά) im Südosten bis zum Kap Saratsina (Ακρωτήριο Σαράτσινα) im Südwesten. Die längste Erstreckung in Nord-Süd-Richtung beträgt rund 45 km vom Kap Korakas (Ακρωτήριο Κόρακας) bis zum Kap Agios Fokas (Ακρωτήριο Άγιος Φωκάς).

Bergmassive dominieren die Insel, der Lepetymnos (Λεπέτυµνος) im Norden stellt mit 968 m zugleich den höchsten Gipfel der Insel dar, nahezu gleich hoch ist der Olymbos im Süden mit 967 m. Im westlichen weitläufigen Ordymnos-Massivs (Όρδυμνος) erreicht der Profitis Ilias eine Höhe von 799 m, im Südosten ist die Kourteri (Κουρτερή) mit 527 m die höchste Erhebung auf der Amali-Halbinsel (Χερσόνησος Αµαλή). Fast die Hälfte der Insel ist hügeliges Land mit Oliven- und Obstbäumen und Wälder, vorwiegend mediterraner Kiefern mit Eichen und Walnussbäumen, bedecken etwa 20 % der Inselfläche. Das Berg- und Hügelland wird immer wieder von Ebenen unterbrochen, die knapp ein Drittel der Insel ausmachen. Die größten liegen an den beiden binnenseeartigen Golfen. Lesbos hat mehr als ein Dutzend ganzjährig Wasser führende Flüsse und Bäche, die größten entspringen am Olymbos im Osten der Insel, der Evergetoulas mündet in den Golf von Gera.

Von der Südküste her reichen zwei Meeresbuchten mit einer Wassertiefe je um rund 20 Meter weit in die Insel hinein. Der 43 km² große und etwa 6,5 km lange Golf von Gera (Κόλπος Γέρας) im Südosten ist über einen 200 bis 800 m breiten Kanal mit dem Meer verbunden. Der Golf von Kalloni (Κόλπος Καλλονής) mit einer Oberfläche 110 km² geht bis zu 21 km ins Inselinnere. Die übrige Küstenlinie ist durch zahlreiche kleinere Buchten gegliedert. An verschiedenen Stellen sind der Küste unbewohnte Inselchen vorgelagert. Die größte ist Megalonisi im äußersten Westen, ganz im Osten liegen die Tomaronisia.

Klima

Starke ungleichmäßige räumliche und jahreszeitliche Niederschlagsverteilung und große Unterschiede zwischen Minimum und Maximum der Tagestemperaturen kennzeichnen das Klima der Insel. Lesbos liegt im Übergangsbereich des mediterranen Winterregenklimas zum kontinental geprägten Steppenklima Kleinasiens.[4] Der semiaride Inselwesten wird durch eine etwa zehn Kilometer breite Übergangszone vom subhumiden Inselosten getrennt.

Die Aufzeichnungen der Wetterstation Mytilini im Inselosten weisen auf einen heißen und trockenen Sommer von April bis Oktober mit einer mittleren Temperatur von 26,2 °C und einen kühl-feuchten Winter von November bis März mit einer mittleren Temperatur von 10,5 °C hin. Im Zeitraum von 1955 bis 1997 lag die absolute Höchsttemperatur in Mytilini bei 40,4 °C die Tiefsttemperatur bei −4,4 °C.

Während der heißen Zeit sind Regenfälle selten. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge liegt im Juli bei 2,7 mm und von Juni bis August bei insgesamt 14,7 mm. Die Niederschläge sind auf die nass-kalte Jahreszeit konzentriert, mit einem Spitzenwert von 152,7 mm im Dezember. Der durchschnittliche jährliche Niederschlag schwankt zwischen 725 mm im Osten und nur 414 mm im westlichen Teil der Insel. Die langfristigen Niederschlagsdaten für Mytilini zeigen eine Abnahme der Menge von etwa 35 % von 1980–2000. Eine weitere Verringerung der mittleren jährlichen Niederschlagsmenge wird seit dem Jahr 2000 beobachtet. Im Zeitraum von 2000 bis 2008 hat sich im Vergleich zum Mittelwert von 1954 bis 1999 die Niederschlagsmenge nahezu halbiert. Dieser Trend wurde für alle Monate mit Ausnahme des Novembers festgestellt. Der Rückgang der Regentage beträgt etwa zwei Tage pro Monat. Dieser Rückgang der Niederschläge in Verbindung mit der Erhöhung der Lufttemperatur wurde bereits für andere Regionen des Mittelmeerraums nachgewiesen oder vorhergesagt.

Niederschlagsdaten von verschiedenen Standorten auf der Insel zeigen, dass der westliche Inselteil lediglich 65 % der Regenmenge gegenüber den übrigen Gebieten erhält. Die reduzierten Niederschläge in West-Lesbos sind hauptsächlich auf starke Winde in diesem Gebiet zurückzuführen. Die mittleren Geschwindigkeiten sind etwa doppelt so hoch wie in den östlichen und zentralen Inselgebieten.[5]

Geschichte

Früheste Spuren menschlichen Lebens sind Steinartefakte von Rodafnidia (Ροδαφνίδια) bei Lisvori. Die Abschläge in Levalloistechnik werden ins Mittelpaläolithikum datiert,[7]nach jüngeren Forschungen dem Mittelpleistozän bzw. dem Acheuléen zugeordnet. Damit handelt es sich um die älteste Fundstätte Griechenlands.

Erste Siedlungsaktivitäten der Jungsteinzeit konnten an mehreren Orten im Inselinneren auf hoch gelegenen Hügeln und direkt an der Küste nachgewiesen werden. Nahezu 40 Siedlungsstätten bezeugen die anhaltende Besiedlung seit der Frühbronzezeit. Die Orte liegen bevorzugt an der Küste oder auf Schwemmland im Osten, Südosten und im Inselzentrum. Der westliche Inselteil wurde frühesten ab der Mittleren Bronzezeit und vor allem in der Küstenzone während der Spätbronzezeit besiedelt.

Nur Thermi ist flächendeckend stratigraphisch erforscht, insgesamt wurden sieben Bauphasen nachgewiesen. Die Besiedelung von Thermi begann um etwa 3000 v. Chr. auf einer flachen Halbinsel an der Ostküste in einem der fruchtbarsten Gebiete der Insel. Begünstigt durch die Agrarwirtschaft und den Seehandel entwickelte sich Thermi während der ersten Hälfte des 3. Jahrtausend v. Chr. zu einem frühen urbanen Zentrum der nördlichen Ägäis. Die organisierte Ausweitung der Besiedelung auf eine Fläche von 1,5 Hektar war an den Bedürfnissen der stetig wachsenden Bevölkerung ausgerichtet. In der Phase Thermi IV hatte die Siedlung etwa 1200 Einwohner und wurde durch eine komplexe Befestigung geschützt. Durch die Entwicklung zur konkurrenzfähigen städtischen Siedlung drohte Thermi zunehmend Gefahr von mächtigeren Gemeinschaften wie Troja und Poliochni und führte um etwa 1200 v. Chr. zum Auflassen von Thermi V. Die befestigte Siedlung von Kourtir bei Lisvori erreichte eine Fläche von etwa vier bis fünf Hektar, eine archäologische Notgrabung in begrenzten Umfang wurde durchgeführt.

In der Spätbronzezeit gehörte Lesbos ab dem späten 14. Jahrhundert v. Chr. zum Herrschaftsbereich des hethitischen Vasallenstaates Šeḫa. Zwei hethitische Texte aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. bezeichnen die Insel als Lazba oder Lazpa. Der erste (KUB V, 6), der vermutlich aus der Zeit des hethitischen Großkönigs Muršili II. stammt, berichtet von der Überführung eines Götterbildes aus der vermutlich gleichnamigen Hauptstadt nach Ḫattuša. Der zweite (KUB 19.5), von Manapa-Tarḫunta stammend und an der hethitischen Großkönig Muwatalli II. gerichtet, erwähnt einen Angriff auf die Insel durch Piyamaradu, einem Fürst aus dem ehemaligen Arzawa-Gebiet. Dieser entführte dabei mehrere Sarapitu, wohl Priester oder Handwerker, nach Itamar Singer Purpurfärber, die im Dienst der Könige von Mira, Seḫa, aber auch des hethitischen Großkönigs standen, nach Millawanda (sehr wahrscheinlich Milet), das von Aḫḫijawa beherrscht wurde und die Aktionen des Piyamaradu zumindest deckte.

In der Antike war Lesbos bedeutend wegen der Hafenstadt Mytilini. Erwähnenswert ist die Belagerung Mytilinis im Jahr 406 v. Chr. durch die spartanische Flotte unter Kallikratidas, der den Feldherrn Konon mit dem Gros der athenischen Flotte im Hafen eingeschlossen hatte. Die Athener sandten eine Hilfsflotte und konnten die Eingeschlossenen in der Schlacht bei den Arginusen befreien.

Im Mittelalter wurde die Insel 1355 vom byzantinischen Kaiser Johannes v. Palaiologos dem genuesischen Patrizier Francesco Gattilusio als Dank für dessen Waffenhilfe im Kampf gegen den Gegenkaiser Johannes VI. Kantakuzenos als erbliche Herrschaft verliehen. Die Herrschaft der Gattilusio endete 1462 mit der Eroberung der Insel durch die Osmanen unter Mehmed II.

Die Insel wurde Ende 1912 von griechischen Truppen unter Pavlos Koundouriotis erobert und nach dem Ersten Weltkrieg durch die Verträge von Sèvres und Lausanne endgültig Griechenland zugesprochen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Lesbos von deutschen Truppen besetzt.

Flüchtlingskrisen

Während des Exodus von Griechen aus Kleinasien nach 1923 war Lesbos ein nahe gelegener Fluchtplatz, und zehntausende wurden dort sesshaft.

Auf der Insel (ebenso auf einigen Nachbarinseln, insbesondere Kos) kamen aufgrund der geografischen Lage in der Nähe zum türkischen Festland im August 2015 täglich mehrere hundert Flüchtlinge an, überwiegend aus Syrien. Im September 2015 warteten rund 11.000 Menschen darauf, per Fähre auf das Festland gebracht zu werden. Die Insel erlangte deswegen als ein Symbol der Flüchtlingskrise in Europa ab 2015 internationale Medienaufmerksamkeit.

Sehenswürdigkeiten

Auf dem Weg zwischen Antissa und Sigri gibt es einen versteinerten Wald aus der Zeit von vor 23 Millionen Jahren. In West-Lesbos gibt es mehr als 30 ehemalige Lavadome, sogenannte Necks und mehrere vulkanische Kalderen (Skoutari, Vatousa, Agra und Anemotia). Auch wenn dieser Teil der Insel sehr wüstenhaft wirkt, zählt die Landschaft zu den interessantesten der Ägäis. Zu den Sehenswürdigkeiten der Insel gehören neben der Hauptstadt Mytilini die Orte Mithymna/Molivos (Kastell), Petra (Kirche Panagia auf einem Felsen) und Agiassos (berühmte Kirche und Olympos-Gipfel). Der Osten der Insel ist bewaldet und zum Großteil nicht vulkanisch. Nur bei Polichnitos gibt es deutliche Zeichen von aktivem Vulkanismus und die heißesten Quellen Griechenlands (70–85 °C).

Wirtschaft

Lesbos ist landwirtschaftlich geprägt. Die Haupteinnahmequelle ist das qualitativ hochwertige Olivenöl mit geschützter geografischer Angabe innerhalb der EU. Weitere Einnahmen werden durch Käse, darunter Feta, Kaseri und Ladotyri mit geschützter Ursprungsbezeichnung, die Ouzoproduktion sowie die Fischerei und Salzgewinnung im Golf von Kalloni erzielt.

Ouzo

Die Destillerien der Insel decken etwa 50 % der gesamten griechischen Ouzoproduktion. Etwa 15 bis 20 % der lokalen Produktion wird auf der Insel verkauft oder konsumiert. Der Rest wird nach Athen, Thessaloniki und dem weltweiten Markt exportiert. Die Produkte der Destillerien Barbayanni und Ouzo Plomari aus Plomari zählen zu bekanntesten und qualitativ hochwertigsten.

Tourismus

Eine weitere Einnahmequelle ist der Tourismus, der zum einen durch den internationalen Flughafen und zum anderen durch die gute Erreichbarkeit mit der Fähre begünstigt wird. Zu den touristischen Hochburgen zählen Plomari, Petra, Molyvos und Eresos. Auf Grund der hohen Zahl von Flüchtlingen, die über Lesbos den Zugang nach Europa suchen, hat sich die Anzahl Lesbos besuchender Touristen im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr um ca. 70 % vermindert.

Etymologie

In der griechischen Mythologie hieß auch der Inselpatron „Lezbos“, der Sohn des Lapithes, der Methymna heiratete.

Das Wort „lesbisch“, im Sinne von weiblich homosexuell, wird vom Namen der Insel abgeleitet, da die von der Insel stammende berühmte antike Dichterin Sappho in ihren Gedichten u. a. von der Liebe zu Frauen sang. Wegen dieser Anspielung ist Lesbos heute häufig touristisches Ziel von Lesben. Während die Behörden diese Entwicklung früher kritisch sahen und mitunter Passagierschiffen die Einreise verweigerten, gibt es heute sogar ein jährliches Festival zur Feier der lesbischen Liebe in Eresos im Westen der Insel – nach antiken Sagen der Geburtsort von Sappho.

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