Description
Santorin (neugriechisch Σαντορίνη [sandɔˈrini] (f. sg.), meist Santorini transkribiert, von italienisch Santa Irene) ist der Name eines kleinen griechischen Archipels im Süden der Kykladen sowie von dessen Hauptinsel, die im Griechischen zumeist Thira (griechisch Θήρα [ˈθira] (f. sg.), nach Transkription aus dem Altgriechischen Θήϱα auch Thera‚ was ‚Jagd‘ oder ‚Jagdbeute‘ bedeutet) genannt wird. Santorin wurde 2011 von etwa 17.430 Einwohnern bewohnt. Seit der Verwaltungsreform 2010 ist es unter dem Namen Thira gleichzeitig eine Gemeinde (griechisch dimos) in der Region Südliche Ägäis.
Lage und Geographie
Die Santorin-Inselgruppe liegt im südlichen Ägäischen Meer etwa 120 km nördlich von Kreta. Die nächstgelegenen Inseln sind Anafi 22 km östlich und Ios 19 km nördlich; Milos liegt etwa 77 km nordwestlich.
Die ringförmig angeordneten Inseln Thira, Thirasia und Aspronisi bilden den Rand einer vom Meer gefluteten Caldera, in deren Zentrum die Inseln Palea Kameni und Nea Kameni liegen. Der gesamte Archipel hat einen Durchmesser von etwa 16 km. Die Gesamtfläche beträgt rund 92,5 km². Aufgrund der geologischen Entwicklung gehören auch die Christiana-Inseln und der Unterwasservulkan Kolumbos zum Santorin-Archipel.
Von der 150 bis 350 m hohen Caldera-Wand ist die Abdachung von Thira und Thirasia nach außen hin sanft. Lediglich im Südosten von Thira unterbricht das Profitis Ilias-Massiv, mit 567 m die höchste Erhebung des Archipels, diesen sanften Abfall. Vielerorts bildet ein breiter schwarzer Lavastrand den Übergang zum Meer. An anderen Stellen reicht die Bimsdecke bis ans Meer und bildet dann Steilküsten. Auf Thira mit Ausnahme des Profitis Ilias-Massivs und auf Thirasia prägen tiefe Erosionsrinnen in der weichen Bimsdecke, verursacht durch winterliche Regenfälle, die Topographie.
Die maximale Ausdehnung der sichelförmigen Hauptinsel Thira beträgt vom Kap Mavropetra (Ακρωτήριο Μαυρόπετρα) im Norden bis zum Kap Exomitis (Ακρωτήριο Εξωμύτης) im Süden 17,4 km. Die Breite variiert zwischen 1,2 km im Norden bis etwa 6 km im Süden. Etwa 70 % der Inselfläche ist von teilweise massiven Bimssteinschichten bedeckt. Im Norden werden diese Schichten von älteren Vulkanen, im Süden von älteren Lavadomen unterbrochen. Jeweils 15 % entfallen auf Lava und Schlacken sowie auf das metamorphe Grundgebirge.
Die Caldera von Santorin umfasst eine Fläche von etwa 84,5 km², die Ausdehnung beträgt in Nord-Süd-Richtung etwa 11 km, in West-Ost-Richtung fast 8 km. Die absolute Höhe beträgt im Norden von Thira vom Meeresgrund etwa 700 m. Der Caldera-Boden besteht aus vier Teilbecken. Das nordöstliche Teilbecken erreicht eine Tiefe von nahezu 400 m und wurde vermutlich mit den Vorgängen der Minoischen Eruption gebildet.
Kultur
Alle Kykladen-Inseln haben gemeinsam, dass sie lange unter Fremdherrschaft standen, aber durch ihre geringe Größe und geographische Isolation nur wenig Aufmerksamkeit der jeweiligen Herrschaft auf sich zogen. Daher entwickelte sich eine Kultur der Autarkie und Selbstbezogenheit. Die Gesellschaften sind familienorientiert und konservativ. Für Santorin als die südlichste der Kykladeninseln gilt dies in besonderem Maße.
Die traditionelle Grundlage der Insel war die Landwirtschaft, Industrie hat sich abgesehen von der Erzeugung von Tomatenkonserven nie angesiedelt. Im 19. Jahrhundert kam der Abbau des Vulkangesteins hinzu. Kinder, die weder die Landwirtschaft übernahmen noch in den Steinbrüchen arbeiteten, mussten auswandern oder fuhren zur See. Zu den großen Familienfesten kehrten sie aber nach Möglichkeit immer zurück. Darunter ist in erster Linie das orthodoxe Osterfest zu nennen, aber auch Taufen bringen die Familie und oft noch immer die ganze Dorfgemeinschaft zusammen.
Da die Oberfläche der Insel sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart nicht für die Viehzucht geeignet ist, war die Landwirtschaft auf Feldfrüchte ausgerichtet. Neben kleinen Getreidefeldern für den Eigenbedarf wurden vor allem Tomaten und Bohnen angebaut. Pistazien und Oliven rund um die Häuser waren oft in großen Teilen der Insel die einzigen Bäume. Diese Tradition der Landwirtschaft zeigt sich noch heute in den Spezialitäten der Insel: Anders als in anderen Teilen Griechenlands haben vegetarische Speisen einen großen Anteil an der Ernährung. Darunter fallen vor allem die Psevdokeftedes, Bällchen aus Tomaten oder Kichererbsen, die die in der griechischen Küche sonst so beliebten Fleischbällchen ersetzen. Außerdem ist eine traditionelle Version des Melitzanosalata aus weißen Auberginen von besonderer Bedeutung und verschiedene Zubereitungen eines dicken, als Fava bezeichneten Pürees aus Platterbsen.
Eine große Rolle spielt auf Santorin schon seit Jahrtausenden der Weinbau. Um die Weinstöcke auf dem vulkanischen Bimssteinboden vor Austrocknung zu schützen, werden sie nicht in die Höhe gezogen, sondern am Boden in kleinen Mulden zu runden Kränzen zusammengeflochten. Weingärten an den höheren Hängen der Insel, insbesondere am Berg Profitis Ilias, profitieren von einem speziellen Wetterphänomen. Weil das Meer durch die größere Tiefe in der Caldera dort kälter ist als auf der Außenseite der Insel, ziehen in der Mittagshitze leichte Nebelschwaden die Hänge hinauf und können sich unter günstigen Bedingungen als Tau ablagern.
Die Bauten auf der Insel entsprechen weitgehend der kykladischen Architektur auf den Nachbarinseln. Die Hausformen entstanden in der typischen agglutinierenden Bauweise, bei der je nach Bedarf kubische Zellen aneinandergefügt werden, die zumeist einen Raum darstellen. Dadurch entstehen unregelmäßige Straßen, Plätze, Ecken und Winkel, verbunden sind sie durch Treppen, Terrassen oder Höfe. Diese Bauweise hat offensichtliche Vorteile im Inselklima, die verwinkelten Gassen schützen vor Sturm und Sonneneinstrahlung. Außerdem waren die Siedlungen so leicht zu verteidigen.
Als Besonderheit der Insel Santorin gilt, dass es hier keine Bäume gab. Deshalb werden die auf anderen Inseln vorkommenden Dachkonstruktionen durch Tonnengewölbe ersetzt. Sie sind aus dem leichten Bimsstein der Insel gefertigt, verbunden durch Santorinerde. Außerdem ist die Anordnung der Bauten in den Siedlungen an die spezifischen Geländestrukturen Santorins angepasst: Am Caldera-Rand erstrecken sich die Häuser entlang der Höhenlinien, mit vielen Treppen. In den Erosionstälern ziehen sie sich beidseitig die Hänge hoch. Die Höhensiedlungen im Zentrum der Insel orientieren sich rund um die Befestigungen der Venezianer. Die neuen Siedlungen an der Küste richten sich an einer langen, breiten Kaistraße aus. Seitenstraßen gehen von ihr gitter- oder fächerförmig ab. Abweichend von dieser vorherrschenden Insel-Architektur sind die sogenannten Herrenhäuser. Sie gehen auf Bauten der Venezianer zurück, wurden aber weitgehend im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss des Klassizismus errichtet. Einzelne Herrenhäuser wurden in den Zentren fast aller Inselortschaften errichtet. Konzentriert stehen sie im katholischen Viertel der Inselhauptstadt.
Einige der Ausgewanderten oder Seefahrer sind zu Vermögen gekommen und haben einen Teil davon der Gemeinschaft auf der Insel zurückgegeben. In Mesa Gonia, nahe der Inselmitte, steht eine moderne Kirche im neo-byzantinischen Baustil, die dem Ágios Charálambos geweiht ist. Sie wurde nach dem Erdbeben 1956 durch einen von Santorin in die USA ausgewanderten Unternehmer gestiftet. Der von der Insel stammende Reeder Pétros Nomikós gilt als der größte Mäzen Santorins: Er finanzierte den Bau der Seilbahn von Firas altem Hafen hinauf in die Stadt und legte den Grundstein für das nach ihm benannten Kongress- und Kulturzentrum direkt am Calderarand.
Sehenswürdigkeiten
- Ausgrabungen von Alt-Thera
- Ausgrabungen von Akrotiri
- Steilküstenweg von Fira nach Ia
- Neues archäologisches Museum, das Gyzi-Museum und das alte archäologische Museum bei der Seilbahn Fira, das Santozeum ist ein Ausstellungs- und Kulturzentrum in Fira, das seit 2011 die Ausstellung detailgetreuer Repliken der Fresken aus Akrotiri zeigt.
- Mineralien- und Fossilienmuseum in Perisa
- Inseln im Krater (Palea Kameni und Nea Kameni)
- Die ehemalige Bischofskirche Panagia Episkopi bei Mesa Gonia
- Kirche Ieros Naos Agiou Ioannou tou Baptistou (1823)
Regelmäßige Veranstaltungen
- Megaro Gyzi Festival
Seit 1981 findet das Megaro Gyzi Festival jedes Jahr im August im Megaro Gyzi Kulturzentrum statt. Das Programm bietet Konzerte, Theateraufführungen und Gemäldeausstellungen.
- Internationaler Klavierwettbewerb The Muse
Die International Association of Art, The Muse veranstaltet seit 2005 die International Piano Competition. Der Wettbewerb wird Anfang September im Konzertsaal des Megaro Gyzi ausgetragen. Für Teilnehmer bis 17 Jahre fand 2009 erstmals der The Muse Junior in den Kategorien Klavier, Violine, Cello und Blasinstrumente statt.
- International Music Festival of Santorini
Im Petros M. Nomikos Konferenzzentrum in Fira wird seit September 1989 das Internationale Musik Festival von Santorini (Διεθνές Μουσικό Φεστιβάλ Σαντορίνης) vom Kulturverein Freunde von Santorini (Πολιτιστικό Σωματείο Οι Φίλοι της Σαντορίνης) ausgetragen.
- Santorini Jazz Festival, Kamari
Das Freiluftkino in Kamari ist seit 1997 Veranstaltungsort des Santorini Jazz Festival.
Wirtschaft
Heute lebt die Insel nahezu ausschließlich vom Tourismus. Die Orte Perissa und Kamari im Südosten an der Außenseite der Insel setzen auf die flachen Strände und ziehen Badegäste an. Hier gibt es mittelgroße Hotelanlagen. In Fira, den benachbarten Orten Firostephani und Imerovigli, sowie Ia auf dem Kraterrand überwiegen kleine Hotels und Pensionen im höherpreisigen Segment. Beide Orte haben im Sommerhalbjahr umfangreiche Einkaufsmöglichkeiten, die sich an Touristen richten, darunter Filialen internationaler Mode-, Uhren- und Schmuckanbieter. Ein besonders stark wachsendes Segment des Tourismus auf Santorin sind Besucher aus China. Seit etwa 2010 wächst deren Zahl jedes Jahr im dreistelligen Prozentbereich, noch einmal verstärkt im Jahr 2015, nachdem 2014 der teilweise auf Santorin gedrehte Film Beijing Love Story der erfolgreichste Film des Jahres in China war.
In der Landwirtschaft spielt heute nur noch der Weinbau im Anbaugebiet Santorin eine nennenswerte Rolle. Weiß- und Süßweine werden in der höchsten griechischen Qualitätsstufe OPAP (Onomasia proelefseos anoteras piotitos Ονομασία προελευσέως ανωτέρας ποιότητος) produziert. Bis in die 1980er Jahre war der gewerbliche Anbau von Tomaten verbreitet, die als Ketchup oder Konserven vermarktet wurden. Heute gibt es nur noch einen kleinen Betrieb. Eine stillgelegte Konservenfabrik bei Vlichada beherbergt das Kraftwerk des staatlichen Energieversorgers ΔΕΗ. Der Fischfang dient im Wesentlichen den Restaurants der Insel. Fischerboote liegen vorwiegend in den kleinen Häfen bei Monolithos und Ammoudi bei Ia. Pistazien und Feigen werden in kleinem Rahmen angebaut. Die traditionsreiche Favabohne wird kaum mehr angebaut. Weitere Landwirtschaft dient nur noch dem Eigenbedarf. An mehreren Ortschaften gibt es noch öffentliche Dreschplätze.
Der Abbau von Santorinerde und anderen Formen des Bimssteins war seit dem 19. Jahrhundert das wichtigste Gewerbe der Insel. Der letzte Steinbruch schloss 1990, Reste der Rutschen und Verladekräne sind südlich von Fira noch zu sehen.
Infrastruktur
Verkehr
Der Flughafen Santorin hat Linienverkehr nach Athen und zu weiteren griechischen Zielen. Im Sommer gibt es internationale Charterverbindungen nach Santorin aus Deutschland, Österreich und anderen europäischen Staaten.
Tägliche Fährverbindungen bestehen nach Piräus, dem Hafen von Athen, über andere Inseln der Kykladen mit Blue Star Ferries oder mit den Schnellfähren der Hellenic Seaways (Tochtergesellschaft der Minoan Lines). Tägliche Verbindungen gibt es auch zu Nachbarinseln, nahezu täglich verkehren Schnellfähren nach Kreta. Der Fährverkehr wird seit Mitte der 1990er Jahre über den Hafen in Athiniós abgewickelt. Kreuzfahrtschiffe legen entweder im neuen Hafen an oder booten die Gäste in den alten Hafen von Fira aus, wo auch die Mehrzahl der Ausflugsboote ablegt. Vom Hafen führen eine Seilbahn und eine Treppe die rund 300 Höhenmeter zur Stadt Fira am Kraterrand. Zum Besteigen der Treppe wird der Ritt auf Eseln angeboten.
Das Straßennetz ist gut ausgebaut. Die Hauptverbindungsroute führt entlang des Kraterrands von Ia bis Akrotiri mit einer Verbindung ins Inselinnere nach Messariá und Stichstraßen nach Kamari und zum Flughafen bei Monolithos, sowie einer Abzweigung nach Emborio und weiter nach Perissa. Die 1988 gegründete Busgesellschaft KTEL Thira (ΚΤΕΛ Θήρας) betreibt ein dichtes Liniennetz. Der zentrale Busbahnhof befindet sich in Fira. Linien in alle Richtungen kreuzen sich auch in Messariá.
Ausflugsboote fahren mehrmals täglich vom alten Hafen in Fira nach Ia, Thirasia und zu den Vulkaninseln im Inneren der Caldera. Weitere Boote in die Caldera legen unterhalb von Ia ab. Auf der Außenseite der Insel verbindet eine Bootslinie die Badeorte Kamari, Perissa und Akrotiri und ihre Strände.
Wasserversorgung
Wie auf anderen Inseln der südlichen Ägäis sind auch auf Santorin die Wasserressourcen begrenzt, Grundwasser ist die wichtigste Süßwasserquelle. Durch das anhaltende Niederschlagsdefizit der letzten 40 Jahre in Verbindung mit einer erhöhten Entnahme seit dem Tourismusboom der 1970er und 1980er ist Meerwasser in den Grundwasserleiter eingedrungen. Das Wasser ist von minderer Qualität und erfüllt nicht den griechischen Trinkwasserstandard.
Vor dem Erdbeben 1956 dienten Niederschläge primär der Wasserversorgung. In Kamari wurde nach dem Erdbeben das erste Wasserversorgungsnetz der Insel angelegt, später auf die meisten Orte des Gemeindebezirks Thira ausgedehnt. Die anderen Orte werden von Tankfahrzeugen versorgt. Trinkwasser wird in Form von Einwegflaschen angeliefert. Ia wird durch den Mangel an Grundwasservorkommen von einer Meerwasserentsalzungsanlage in Trinkwasserqualität versorgt.
Das Defizit auf Thirasia wird von kostenintensiven Wassertransporten in Betriebswasserqualität vom Festland ausgeglichen. Der Betrieb einer Anlage zur Meerwasserentsalzung ist geplant, eine Rahmenvereinbarung zwischen dem Handelsschifffahrtsministerium und lokalen Behörden wurde 2009 unterzeichnet.
Geschichte
Venezianische Zeit
Die Eroberung Konstantinopels infolge des Vierten Kreuzzuges führte zur Aufteilung des Byzantinischen Reiches. Die Republik Venedig erhob Ansprüche auf die südliche Ägäis. Im Jahr 1207 gründete Marco Sanudo das Herzogtum von Naxos und übergab die Inseln Thira und Thirasia dem Venezianer Giacomo I. Varozzi zum Lehen. Nach der Rückeroberung Konstantinopels gelangten die Inseln von 1265 bis 1296 nochmals in den byzantinischen Einflussbereich. Danach wurde zunächst Giacomo II. Varozzi Herr von Santorini, ihm folgten die Familien Sanudo, Pisani und Crispo für das Herzogtum von Naxos. Die Zeit war von Piratenüberfällen und kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Republik Genua und dem expandierenden Osmanischen Reich geprägt. Die Venezianer etablierten ein Feudalsystem und errichteten befestigte Siedlungen in Ia, Pyrgos, Emborio und Akrotiri. Der ebenfalls befestigte Skaros-Felsen nördlich des heutigen Fira wurde Hauptstadt und Sitz eines römisch-katholischen Bistums im Herzogtum Archipelagos. Die Feudalherren selbst lebten in den turmähnlichen Goulades, die als Turmburgen und als Lager der landwirtschaftlichen Erzeugnisse dienten.
Nach der Eroberung der Ägäischen Inseln durch Khair ad-Din Barbarossa im Jahr 1537 blieben die Inseln bis 1566 unter der Herrschaft der Familie Crispo, wurde aber gegenüber dem Sultan Selim II. tributpflichtig. Danach wurde zunächst Joseph Nasi vom Sultan als Herzog von Naxos eingesetzt, nach dessen Tod 1579 übernahmen die Osmanen die Herrschaft auf Santorin.
Osmanische Zeit
Die endgültige Übernahme der Insel 1580 durch das Osmanische Reich unter Sultan Murad III. führte zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Situation. Den Gemeinden wurde eine weitgehende Selbstverwaltung gewährt, Eingriffe in die Angelegenheiten der Insel reduziert. Durch die Abschaffung des Feudalsystems konnte die lokale Bevölkerung landwirtschaftliche Flächen erwerben. Dem Weinbau kam dabei eine besondere Bedeutung zu, aber auch Gerste und Tomaten wurden angebaut. Die Kontrolle des Weinbaus durch die Einheimischen in Verbindung mit einem deutlichen Rückgang der Piraterie hatte die Ausweitung des Handels zur Folge. Aufgrund des schlechten Zustands und der schweren Zugänglichkeit des venezianischen Skaros wurde die Hauptstadt nach Thira verlegt.
Durch den wirtschaftlichen Aufschwung hatte Santorin einen stetigen Bevölkerungsanstieg zu verzeichnen von 7.000 Menschen Mitte des 17. Jahrhunderts auf 10.000 Menschen Ende des Jahrhunderts und 12.000 Menschen gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Wein war primäres Exportprodukt deshalb wurden Weinbauflächen und Handelsaktivitäten ständig erweitert. Die griechischen Reeder fuhren bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hauptsächlich unter französischer Flagge.
Die Vertragsbestimmungen des Friedens von Küçük Kaynarca ermöglichte den griechischen Reedern freien Handel unter russischer Flagge in der Schwarzmeerregion. Die Beteiligung am Getreidehandel vom Süden Russlands ins westliche Mittelmeer unter russischem Schutz brachte der griechischen Handelsflotte einen kräftigen Aufschwung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Santorini die drittgrößte Handelsflotte Griechenlands.
19. Jahrhundert, nach der Griechischen Revolution
An der wirtschaftlichen Situation im neu gegründeten griechischen Staat, der in der Folge der Griechischen Revolution entstanden war, änderte sich zunächst wenig. Durch die erneute Ausweitung der Rebflächen zwischen 1835 und 1874 wurden die Erntemengen mehr als verdoppelt. Ende des 19. Jahrhunderts führte die Änderung des Weingeschmacks in Europa zu sinkender Nachfrage und hatte den raschen Preisverfall des Vinsanto zur Folge. Die vom Weinexport abhängige Handelsschifffahrt ging zurück und erlitt zusätzlich mit dem Aufkommen von Dampfschiffen einen Einbruch. Santorin war einem großen Strukturwandel und einer starken Abwanderung unterworfen, ein Wechsel zu größerer Vielfalt wurde in der Landwirtschaft unternommen.
20. Jahrhundert
Neben Fava und weißen Auberginen verbreitete sich ab den 1880er Jahren der Anbau von Tomaten. Zunächst gingen die kleinen Familienbetriebe zur Produktion von Tomatenmark über, 1929 nahm die erste Fabrik die Arbeit auf, zum Höhepunkt der Tomatenproduktion Ende der 1940er Jahre existierten zwölf Verarbeitungsbetriebe auf Santorin. Daneben wurde Baumwolle angebaut, die in lokalen Textilfabriken verarbeitet wurden. Bedeutend war und ist der Weinanbau. Obwohl die Rebfläche ständig reduziert wurde, nahm bis Mitte des 20. Jahrhunderts die landwirtschaftlich genutzte Fläche mehr als 70 % der Inselfläche ein.
Dem Seebeben bei Amorgos am 9. Juli 1956 der Stärke 7,4 folgten 18 weitere Nachbeben mit einer Stärke über 4,1. Das stärkste Nachbeben erreichte Stärke 7,2, das Epizentrum lag unmittelbar vor der Nordostküste von Thira. Ia und Fira waren am schwersten betroffen. Das Dorf Mesa Gonia wurde zunächst ganz aufgegeben, die Bewohner gründeten am Meer Kamari. Erst rund ein Jahrzehnt später wurden einige Häuser in Mesa Gonia wieder renoviert, heute bilden Mesa Gonia und Exa Gonia zwei kleine Dörfer in zentraler Lage.
Nach dem Untergang des griechischen Kreuzfahrtschiffes Sea Diamond am 6. April 2007 in der Nähe des Hafens Athinos setzte sich eine Bürgerinitiative für die Bergung des Wracks ein. Immer wieder trat Öl aus, eine erhöhte Schwermetallbelastung wurde nachgewiesen. Am 24. Juni 2008 erklärte die EU-Kommission das Wrack als Müll. Im Juni 2009 wurde das Öl aus dem Wrack abgepumpt, das Wrack wurde aber noch nicht geborgen.
Klima
Santorin weist (wie die Kykladen allgemein) die meisten Sonnenstunden in Griechenland auf. Während der Sommermonate Juni bis September sind kaum mehr als ein Regentag je Monat zu verzeichnen. Die durchschnittlichen Tagestemperaturen reichen im August bis zu 29 °C, die Wassertemperaturen erreichen den Höchststand von 25 °C ebenfalls im August. Die Hauptregenzeit fällt in die Zeit von Dezember bis Februar mit bis zu durchschnittlich neun Regentagen je Monat. Die Lufttemperaturen fallen bis auf durchschnittlich 11 °C in dieser Zeit.
Natur
Santorin liegt im Bereich des Winterregenklimas. Die Sommer sind von Trockenheit geprägt. Einen Feuchtigkeitsausgleich in Form von Taubildung schafft der regelmäßige, trockene und kühle Meltemi in Verbindung mit Verdunstung über dem umgebenden Meer. Mit Ausnahme der Steilküste nimmt auf Santorini Kulturland etwa 80 % der Inselfläche ein. Der Hauptteil entfällt auf Weinberge mit weitläufigen Terrassen und Trockensteinmauern. Kleinere Einheiten dienen dem Anbau von Gemüse und Obst für die Selbstversorgung. Wassermangel ist der begrenzende Faktor. Ganzjährige Wasserläufe existieren nicht. Ungünstige Standorte oder Brachflächen werden teilweise beweidet.
Trotz der vulkanischen Vergangenheit zeigt Santorin keine Verarmung von Flora und Fauna. Die Artenzahlen sind mit anderen Inseln der südlichen Ägäis vergleichbar. Die Möglichkeit zur Dokumentation von Einwanderungs-, Etablierungs- und Aussterbeprozessen bieten die Inseln in der Caldera.
Flora
Seit fast 200 Jahren wird die Flora von Santorin von zahlreichen Forschern untersucht und ist daher relativ gut bekannt. Erste Grundlagen schuf Heldreich Ende des 19. Jahrhunderts. Mit damals 240 verzeichneten Arten wurde die Flora als verarmt eingestuft. Nach moderner Auffassung wird die Inselgruppe als floristisch nicht gesättigt angesehen, von einem Anstieg der Artenzahl infolge eines andauernden Einwanderungsprozesses wird ausgegangen. Bisher wurden auf dem Santorini-Archipel insgesamt über 550 Arten von Farn- und Samenpflanzen, auf Palea Kameni 178 Arten und auf Nea Kameni 156 Arten nachgewiesen. Etwa 95 % der Pflanzenarten von Palea und Nea Kameni kommen ebenfalls auf den älteren Ringinseln vor, die Zuwanderung von dort wird vermutet.
Gehölzbildende Pflanzen sowie Olivenkulturen fehlen fast vollständig. Die Vegetation besteht zu etwa 97 % aus der typischen Phrygana in unterschiedlicher Kombination auf fast allen älteren Brachen, der Übergang auf jüngere Brachen ist nahtlos. Diesen Lebensraum bestimmen nur wenige Strauch bildende Arten wie Sarcopoterium spinosum, Coridothymus capitatus, Cistus creticus und Thymelaea hirsuta. Einige Phrygana-Standorte werden von Neophyten wie Opuntia ficus-indica, Agave americana oder dem auffällig gelb blühenden Aeonium arboreum dominiert. Auf den Kalksteinhängen des nördlichen Profitis Ilias und des Gavrilos ist die Artenzusammensetzung vielfältiger. Die Gipfelregion des Profitis Ilias ist reich an Geophyten und Flechten. An extreme Standorte der Bimssteinschicht ist Helichrysum sp. angepasst.
Besonders gut erforscht ist die Flora von Nea Kameni, sieben Sammelreisen seit 1911 erbrachten insgesamt 156 Arten von Farn- und Samenpflanzen. Durch Vulkanausbrüche in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Bestände mehrmals dezimiert. Die tatsächliche Artenzahl liegt bei 130 Arten (1987). Entsprechend der vulkanischen Aktivitäten des 20. Jahrhunderts haben sich an unterschiedlichen Standorten verschiedenartige Pflanzengesellschaften entwickelt. Die dauerhafte Zuwanderung von Arten und Entwicklung begleitet ein Verdrängungsprozess von Pionierpflanzen. Abgesehen von einigen Ficus-carica-Bäumen, welche die vulkanischen Aktivitäten des 20. Jahrhunderts überlebten, prägen dichte Horste von Hyparrhenia hirta und die einjährige Lupinus angustifolius die steppenähnliche Vegetation. Der Entwicklungsbeginn einer Strauchvegetation ist seit Mitte der 1980er Jahre zu beobachten. Etabliert hat sich Atriplex halimus, erste Sämlinge von Pistacia lentiscus wurden nachgewiesen.
Von Palea Kameni sind 178 Arten von Farn- und Samenpflanzen bekannt. Die immergrüne Hartlaubvegetation, dominieren niedrige, windgeformte Büsche von Pistacia lentiscus begleitet von einigen Ballota acetabulosa, Calicotome villosa und Prasium majus, durchsetzt von Therophyten. In der Spritzwasserzone hat sich eine salzliebende Pflanzengesellschaft etabliert, die von Atriplex-halimus- und Lycium-intricatum-Sträuchern dominiert wird. Die Südostspitze wird von einer offenen niedrigwachsenden Limonium-graecum-Gemeinschaft besiedelt. Vereinzelte Farngesellschaften in unterschiedlicher Zusammensetzung wie Asplenium obovatum und Polypodium cambricum besetzen den Lebensraum hauptsächlich zwischen schattigen Felsspalten an der Nordküste und in der Mitte. Die nahezu nackten Felsen im Nordwesten werden zunehmend von Süden her besiedelt, inzwischen auch von ausdauernden Pflanzen wie Atriplex halimus, Helichrysum italicum, Hyparrhenia hirta, Phagnalon graecum und Pistacia lentiscus.
Fauna
Eine vollständige Aufnahme der Tierarten liegt nicht vor. Fünf Säugetierarten sind von Santorin bekannt. Neben Hausratte, Hausmaus und Wildkaninchen auch der Südliche Weißbrustigel sowie eine nicht näher identifizierte Fledermausart.
Die Reptilienfauna Santorins ist artenärmer als die von Kykladeninseln vergleichbarer Größe, sie besteht aus nur fünf Arten. Die geringe Artenzahl und das Fehlen von Amphibien und Schildkröten sprechen für einen ozeanischen Charakter der Inselfauna. Podarcis erhardii naxensis eine Unterart der Kykladen-Mauereidechse kommt auf den großen Inseln Thira, Thirasia sowie den Kaimeni-Inseln vor. Die beiden Geckoarten Europäischer Halbfinger und Ägäischer Nacktfinger sind von Thira und letztere auch von Thirasia bekannt. Auf Thira existieren die Europäische Katzennatter und die Leopardnatter, weitere Arten wie die Balkan-Springnatter und die Vierstreifennatter werden vermutet. Der endemische Santorin-Walzenskink Chalcides moseri konnte seit der Erstbeschreibung 1937 nicht mehr nachgewiesen werden.
Zwischen 1905 und 1987 wurden auf Santorin nahezu 100 Vogelarten beobachtet, die meisten davon sind Durchzügler. Als Brutvogel sind die neun Arten Turmfalke, Chukarhuhn, Silbermöwe, Felsentaube, Haubenlerche, Samtkopfgrasmücke, Haussperling, Kolkrabe und Nebelkrähe bekannt, weitere wie Steinkauz, Bienenfresser, Bachstelze, Weißbartgrasmücke, Mittelmeersteinschmätzer, Blaumerle und Feldsperling werden als Brutvogel vermutet.
In der oberhalb von Kamari gelegenen Zoodochos-Höhle wurde die endemische Assel Schizidium beroni nachgewiesen. Die Art ist in der Roten Liste Griechenlands als vom Aussterben bedroht (CR – Critically Endangered) eingestuft.
Naturschutz
Die Inseln Nea und Palea Kameni sowie das Profitis-Ilias-Massiv wurden als GR4220003 Santorini: Nea und Palea Kameni – Profitis Ilias (Σαντορίνη: Νέα και Παλαιά Καμένη – Προφήτης Ηλίας) in das Natura-2000-Netz der Europäischen Union aufgenommen.
Umweltprobleme
Die Müllentsorgung bereitet große Probleme. Müll und Schrott werden in die ehemaligen Bimssteinbrüche gekippt. Dadurch werden einmalige Fundorte fossiler Pflanzen und archäologische Reste für immer zerstört. Der steigende Verkehr mit Mietwagen und Motorrädern belastet die Inseln mit Lärm, Abgasen und Schrott. Eine rege Bautätigkeit zerstört das Landschaftsbild und wichtige natürliche Ressourcen. Das am 6. April 2007 vor Thíra gesunkene Kreuzfahrtschiff Sea Diamond wurde am 24. Juni 2008 durch die EU-Kommission zu Müll erklärt aber bis heute nicht geborgen.
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