Antwerpen

Description

Antwerpen (veraltet deutsch Antorf oder Antorff, französisch Anvers) ist eine Hafenstadt in der Region Flandern in Belgien und die Hauptstadt der Provinz Antwerpen. Bezogen auf die Stadt als Verwaltungseinheit ist Antwerpen die größte Stadt des Landes. Die Agglomeration Antwerpen ist nach der Region Brüssel-Hauptstadt die zweitgrößte in Belgien.

Von großer internationaler Bedeutung ist Antwerpen durch seinen Seehafen, den zweitgrößten Europas, sowie als weltweit wichtigstes Zentrum für die Verarbeitung und den Handel von Diamanten.

Antwerpen war im 15. und 16. Jahrhundert eine der größten Städte der Welt, zeitweise die wichtigste Handelsmetropole Europas und als bedeutendes kulturelles Zentrum Wirkungsstätte von Künstlern wie Rubens. Antwerpen war Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 1920 und Kulturhauptstadt Europas 1993. Das Druckereimuseum Plantin-Moretus und der Turm der Liebfrauenkathedrale gehören zum UNESCO-Welterbe.

Geographie

Lage

Antwerpen liegt an der Schelde, 88 km vor ihrer Mündung in die Nordsee. Der Fluss weitet sich im Stadtgebiet zu einer breiten, von Seeschiffen befahrbaren Trichtermündung auf, die über den Meeresarm Westerschelde zur Nordsee führt. Um die Schifffahrt nicht zu behindern, gibt es in Antwerpen keine Brücken über die Schelde, sondern zahlreiche Tunnel. Die letzte Brücke befindet sich etwa 20 km stromaufwärts in Temse.

Das Stadtgebiet reicht im Norden bis an die Grenze zu den Niederlanden, dort befindet sich auch der Grenzpunkt zwischen der belgischen Provinz Antwerpen und den niederländischen Provinzen Zeeland und Nordbrabant.

Die Hauptstadt Brüssel liegt etwa 40 km südlich, die Hafenstadt Rotterdam 75 km nördlich von Antwerpen. Die Stadt liegt damit auf einer wichtigen europäischen Verkehrsachse, die von Amsterdam über Antwerpen und Brüssel nach Paris führt. Die Großstadtregionen Antwerpen und Brüssel gehen baulich direkt ineinander über, zumal die auf halbem Wege gelegene Domstadt Mechelen mit über 80.000 Einwohnern ein Bindeglied bildet. Die beiden Großstädte sind durch zwei Autobahnen und eine der meistbefahrenen Eisenbahnstrecken Europas miteinander verbunden.

Das etwa 180 km östlich gelegene Ruhrgebiet mit dem Duisburger Hafen ist von großer Bedeutung für den Antwerpener Hafen und deshalb über eine eigene Güterfernbahn („Eiserner Rhein“) mit diesem verbunden, da der eigentliche Rhein vom Ruhrgebiet zum an seiner Mündung gelegenen konkurrierenden Seehafen Rotterdam führt.

Ballungsraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zusammen mit dem nur etwa 40 km südlich gelegenen Brüssel und der drittgrößten belgischen Stadtregion um Gent (50 km südwestlich) und weiteren Städten wie Löwen, Mechelen, Sint-Niklaas und Aalst bildet die Region Antwerpen die Metropolregion Vlaamse Ruit(„Flämische Raute“, auch „Flämischer Diamant“), die mit rund 5 Millionen Einwohnern zu den großen Agglomerationen Europas gehört.

Geschichte

Frühgeschichte und Mittelalter

Auf dem Boden der Stadt Antwerpen lässt sich bereits ein gallo-römischer vicus nachweisen. Das belegen Funde von Ton- und Glasscherben aus dem 2. und 3. Jahrhundert n. Chr., die 1952–1961 bei Grabungen nahe der Schelde ans Licht kamen.

Im 7. Jahrhundert begann die Christianisierung. Urkundlich erwähnt wurde die Stadt erstmals 726. Im Jahr 836 wurde die Stadt von den Normannen verwüstet. Nach der Teilung des Frankenreichs, die 843 begann, und weiterer, meist kriegerischer Teilungen des Mittelreichs, kam Antwerpen zum Ostfrankenreich, dem frühmittelalterlichen Vorläufer des Heiligen Römischen Reichs. Die Ottonen gründeten die zum Herzogtum Niederlothringen gehörende Markgrafschaft Antwerpen. Anfangs des 12. Jahrhunderts kam es zu den Grafen von Löwen (den späteren Herzögen von Brabant). Der Ort erhielt 1291 die Stadtrechte. Eine erste Blütezeit erlebte die Stadt im 14. Jahrhundert. Sie war dank des Hafens und des Tuchhandels ein führender Handelsplatz und ein Finanzzentrum Europas. Antwerpen fiel 1430 an Burgund, 1477 an Habsburg.

Neuzeit

1556 setzte sich nach heftigen Kämpfen die Reformation in Antwerpen – wie auch in den gesamten Spanischen Niederlanden – durch. Im 16. Jahrhundert war die Stadt reichste Handelsstadt Europas. Durch die darauffolgenden Konflikte zwischen den Habsburgern und den vom Reich losgelösten Niederlanden folgte der Niedergang. 1585 eroberte der spanische Statthalter Alessandro Farnese Antwerpen. Alle protestantisch bleibenden Einwohner mussten die Stadt verlassen. Antwerpens nördliches Nachbargebiet, die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen, erkämpfte im Achtzigjährigen Krieg (1568–1648) ihre Unabhängigkeit von der spanischen Krone.

Ein weiterer Grund für den Niedergang war eine Bestimmung des Westfälischen Friedens von 1648, dass die Schelde nicht mehr als Schifffahrtsweg genutzt werden durfte, was für den Handel der Stadt schwerwiegende Beeinträchtigungen brachte.

Ab 1714 (Ende des Spanischen Erbfolgekrieges) gehörte Antwerpen zu den 'Österreichischen Niederlanden'; diese bestanden bis 1795. Dann begann die Franzosenzeit; diese endete 1815 nach Napoleons Niederlage in der Schlacht bei Waterloo (Waterloo liegt 65 km südlich von Antwerpen).

Am 25. August 1830 begann die Belgische Revolution; während der Wirren in Folge dieser Revolution wurde Antwerpen am 27. Oktober 1830 von niederländischen Truppen unter David Hendrik Chassé beschossen und später, während des „Zehn-Tage-Feldzugs“, am 4. August 1831 erobert. 1832 eroberten schließlich französische Truppen nach kurzer Belagerung die Zitadelle von Antwerpen und übergaben sie den Belgiern.

Seit 1863 erlebte Antwerpen – jetzt zum neuen Staat Belgien gehörend – einen erneuten Aufschwung als belgischer Hafen, das Schifffahrtsverbot fiel endgültig. Es wurde militärisch zur Festung Antwerpen mit zwei Gürteln von Forts ausgebaut. Davon existieren heute noch einige Bauwerke.

In Antwerpen fanden 1903 die ersten Turn-Weltmeisterschaften statt.

Im Ersten Weltkrieg zog sich das belgische Heer zur Festung Antwerpen zurück, nachdem deutsche Truppen Lüttich vom 4. bis zum 16. August 1914 erobert hatten; die Stadt Antwerpen selbst wurde von den belagernden deutschen Truppen am 8. Oktober 1914 bombardiert und am 10. Oktober eingenommen (→ Belagerung von Antwerpen (1914)), nachdem die britische und belgische Besatzung von Antwerpen geflohen war. Es folgte die Proklamation einer Militärverwaltung durch den deutschen General Hans von Beseler. Titus Türk, Kapitän zur See, wurde der erste deutsche Hafenkommandant Antwerpens. Erst Ende 1918 wurde Antwerpen durch die militärische Niederlage Deutschlands wieder frei.[1]

1920 war Antwerpen Austragungsort der Olympischen Sommerspiele. 1930 fand mit der Exposition internationale coloniale, maritime et d’art flamand eine weitere Weltausstellung statt; weitere waren bereits 1885 und 1894 veranstaltet worden.

Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs war Belgien wie im Ersten Weltkrieg Durchzugsgebiet zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich. Am 18. Mai 1940 – dem neunten Tag des Westfeldzuges – besetzten Truppen der Wehrmacht Antwerpen.[2] Im Verlauf der nächsten Jahre wurde sie mehrmals Ziel alliierter Luftangriffe; so am 5. April 1943, als bei einem Bombardement der Industriegebiete über 2000 Menschen starben. Im September 1944 wurde Antwerpen von vorrückenden britischen Truppen befreit. Die Stadt mit ihren intakt gebliebenen Hafenanlagen wurde die Haupt-Nachschubbasis für die alliierten Streitkräfte; sie wurde deshalb neben London zu einem weiteren Hauptziel von V1-Flugbomben und V2-Raketen (7. Oktober 1944 bis 30. März 1945) sowie das Ziel der Ardennenoffensive (ab 16. Dezember 1944 bis Ende Januar 1945). Von den über 1600 auf die Stadt und Umgebung abgefeuerten V-Waffen erreichten 1200 ihr Ziel. Der Hafen wurde wegen der Zielungenauigkeit von V1 und V2 jedoch kaum bis gar nicht zerstört. Umso mehr hatte die Zivilbevölkerung Tote (je nach Quelle 3700 bis 7000) und Verletzte zu beklagen (ca. 6000). Die V-Waffen und die Ardennenoffensive verzögerten den Vormarsch der Alliierten und als ergänzender Ausweichhafen wurde Gent ausgewählt. Der Terror, die Zerstörungen und die Blutbäder (unter anderem Einschläge von V2-Raketen auf Kreuzungen, in der Innenstadt oder im „Rex“-Kino, wo am 16. Dezember 1944 allein 567 Menschen umkamen) blieben der Bevölkerung in bleibender Erinnerung. Die alliierten Medien durften bis Frühjahr 1945 nichts darüber berichten, während die NS-Propaganda jede abgeschossene V-Waffe gegen London und Antwerpen als Indiz für einen „Endsieg“ bejubelte. Im März 1945 bezeichnete das amerikanische Time Magazine Antwerpen als „The City of Sudden Death“ („Stadt des plötzlichen Todes“). Trotz der Zerstörungen blieb das historische Stadtbild jedoch weitgehend erhalten.

Die große jüdische Minderheit der Stadt wurde durch den Holocaust besonders schwer getroffen. Unter den deportierten und in einem KZ ermordeten Antwerpener Juden war auch Mala Zimetbaum. Heute ist Antwerpen wieder ein großes Zentrum des orthodoxen Judentums in Europa.

Herkunft des Stadtnamens

Der Name Andauerpa verweist auf die aufgeworfenen Ufer an der Bucht (Scheldebucht). Der Name stammt wahrscheinlich von „an de warp“ (an der Warft). Die ersten Siedler haben auf Warften gelebt, später hat man mangels Platzes auf höhergelegenen Flächen „an der Warft“ gesiedelt.

Dass der Name Antwerpen sinngemäß „Hand werfen“ bedeutet und auf die Brabo-Legende zurückgehe, ist eine später im 15. Jahrhundert erfundene Geschichte. Eine lokale Spezialität, kleine Keks- oder Schokoladenhände namens Antwerpse Handjes, erinnert an diese Legende.

Das durch den heiligen Amandus (Amand von Maastricht ?) benannte Caloes sei ein früherer Name von Antwerpen gewesen. Später wurde der südlich von Caloes gelegene Stadtteil, in dem sich die durch Norbert von Xanten im Jahre 1124 gestiftete Sankt-Michiels-Abteibefand, unter dem Namen Kiel bekannt. Der alte Name Antorf wurde beispielsweise noch von Albrecht Dürer verwendet, der sich 1521 in Antwerpen aufhielt.

Wappen

Antwerpen war bereits zu Beginn des 11. Jahrhunderts ein Handelszentrum der Reichsmark und erhielt im Jahre 1291 die Stadtrechte. Die zwei Hände im Stadtwappen erinnern an die Legende vom Riesen Druon Antigoon, der einst die Gegend terrorisiert haben soll, bis er von Salvius Brabo besiegt wurde. Dieser soll ihm die Hände abgehackt und in die Schelde geworfen haben.

Sehenswürdigkeiten

Antwerpen gehört zu den wenigen zentraleuropäischen Großstädten mit weitgehend erhaltenem historischen Stadtkern. Aufgrund der vielen noch vorhandenen Bau- und Kunstdenkmale aus der Blütezeit der Stadt (Spätmittelalter, Renaissance und Barock) sowie aus der Zeit des Jugendstils und des Art Déco gilt Antwerpen als eine sehr sehenswerte Großstadt und ist ein wichtiges Ziel im Städtetourismus.

Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehören unter anderem:

Die fünf großen Kirchen der Altstadt
  • die Liebfrauenkathedrale (Onze Lieve Vrouwekathedraal) (♁→Lage)
  • die Sint-Jacobskerk mit der Grabkapelle von Peter Paul Rubens und dessen Familie (♁→Lage)
  • die Sint-Andrieskerk mit Schatzkammer (♁→Lage)
  • die Sint-Pauluskerk (♁→Lage)
  • die Carolus Borromeuskerk (♁→Lage)
Profanbauten
  • Stadtfestsaal Antwerpen (♁→Lage)
  • Hauptbahnhof („Eisenbahnkathedrale“) (♁→Lage)
  • Der Boerentoren wird als erster Wolkenkratzer des (US-amerikanischen) Art-Déco-Stils auf dem europäischen Festland angesehen (♁→Lage)
  • das Vleeshuis (♁→Lage)
Museen
  • Plantin-Moretus-Museum, Weltkulturerbe (♁→Lage)
  • Rubenshaus, Wohnhaus und Werkstatt von Peter Paul Rubens, heute Museum (♁→Lage)
  • Königliches Museum der Schönen Künste (♁→Lage)
  • Middelheimmuseum (♁→Lage)
  • Museum aan de Stroom (MAS) (♁→Lage)
  • Het Steen (alte Burg, heute ein Schifffahrtsmuseum) (♁→Lage)
  • Diamantmuseum (♁→Lage)
  • Silbermuseum Sterckshof im Schloss Sterckshof (♁→Lage)
Straßen, Plätze, Märkte und Viertel
  • der Marktplatz (Grote Markt) mit dem Brabobrunnen (♁→Lage)
  • der Hendrik Conscienceplein (plein = Platz; ♁→Lage)
  • Beginenhof Antwerpen (♁→Lage)
  • die Cogels-Osylei und die benachbarten Straßen Transvaalstraat und Waterloostraat im Ortsteil Zurenborg (Prachtstraßen mit vielen Jugendstil-Bauten; ♁→Lage)
  • die Leysstraat und die daran anschließende Meir (Prachtstraße; ♁→Lage)
  • das Jüdische Viertel in der direkten Umgebung des Hauptbahnhofs
  • Vogelmarkt (♁→Lage)
  • Zoo Antwerpen (♁→Lage)
  • Hafenrundfahrt (Abfahrt bei Kattendijkdok-Zuidkaai an der Zugbrücke; ♁→Lage)
  • Freizeitanlage Park Spoor Noord auf dem Gelände eines ehemaligen Güterbahnhofs

Kunst und Lebenskunst

Die Stadt hat viele bekannte Künstler hervorgebracht, darunter die Maler Rubens, van Dyck, Jacob Jordaens, Jan Brueghel den Älteren und seinen Sohn Jan Brueghel den Jüngeren sowie den sehr bedeutenden Buchdrucker und Verleger Christoph Plantin (16. Jahrhundert), dessen Haus in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen wurde und das Plantin-Moretus-Museum beinhaltet. In Antwerpen befinden sich zahlreiche kulturelle Einrichtungen, etwa die Vlaamse Opera oder das Rubensmuseum. Antwerpen ist für seine Lebenskunst bekannt. Durch seine historische Hafenlage entwickelte sich eine außerordentliche metropolische Vielseitigkeit der Gastronomie mit internationalen Einflüssen.

Besonders im Viertel Zuid (Süden) findet man Kultur auf engstem Raum konzentriert. Dieses Ambiente hat dafür gesorgt, dass sich hier inzwischen eine reiche, talentierte Modekultur entwickelt hat, deren Mittelpunkt die Modeabteilung der Koninklijke Academie voor Schone Kunsten (Königliche Akademie der Schönen Künste), um die sich neben vielen Schriftstellern und Künstlern auch viele Bars angesiedelt haben, bildet. Das besterhaltene Ensemble des Jugendstils in Antwerpen ist zweifellos das Viertel Zurenborg.

Von 1966 bis 1976 war die Galerie Wide White Space eine der führenden Avantgarde-Galerien in Europa; sie arbeitete eng mit bekannten Künstlern wie Joseph Beuys, Marcel Broodthaers und Panamarenko zusammen. Neben Panamarenko ist Jan Fabre ein bedeutender zeitgenössischer Künstler, der in Antwerpen lebt und arbeitet.

source https://de.wikipedia.org/wiki/Antwerpen

Address


Antwerp
Belgium

Lat: 51.219448090 - Lng: 4.402464390