Geschichte
Vorgeschichte Archäologische Funde auf der Halbinsel Kap Verde und vom oberen Senegal-Tal beweisen, dass der heutige Senegal bereits im Acheuléen besiedelt wurde. Es werden im ganzen Land zahlreiche Hinterlassenschaften der frühesten Bewohner des Landes vermutet, insgesamt ist die Vorgeschichte des Senegal jedoch wenig erforscht. Aus dem Neolithikum und der Eisenzeit sind Megalithen, Hügelgräber und Muschelinseln an den Küsten erhalten. Die mündlich überlieferte Geschichte der Wolof und Serer schreibt dies einem Volk namens Soose zu, das die Region damals besiedelt haben soll. Fest steht, dass die damalige Bevölkerung in Dörfern lebte, Landwirtschaft und Viehzucht sowie Fischerei betrieb. Die westafrikanischen Königreiche Die Einführung der Eisenbearbeitung brachte auch soziale Umwälzungen mit sich. In deren Folge entstanden Staaten; der erste historisch belegte Staat auf dem Gebiet des heutigen Senegal war Takrur. Er entstand etwa zeitgleich mit den östlich gelegenen Gao und Ghana; Letzteres entwickelte sich im 9. Jahrhundert zu einem Reich, das sich bis an den Senegal-Fluss ausdehnte. Takrur blieb jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach unabhängig. Um 1050 begannen die Almoraviden im heutigen Mauretanien religiös motivierte Feldzüge. Sie schufen ein Reich, das sich von Spanien bis an den Südrand der Sahara erstreckte. Ob Takrur Teil dieses Reiches wurde, ist nicht geklärt. Der Einfluss der Almoraviden stärkte jedoch die Verbindungen zum Islam; der erste König von Takrur, der sich zum Islam bekannte, war War Jaabi.
Im 13. Jahrhundert entstand im unteren Senegal-Delta der Staat Jolof. Dieser Staat war deutlich stärker zentralisiert als Takrur und expandierte schnell in Richtung Süden. Die Vorherrschaft in der Region ging jedoch wenig später an das Malireich verloren. Takrur und Jolof wurden Mali tributpflichtig, die Casamance und das heutige Gambia wurden als Provinzen direkt Teil des Mali-Reiches. Sie erlaubten dem Reich Küstenhandel und vielleicht sogar Erkundungsfahrten auf dem Ozean. Das Mali-Reich erlebte den Höhepunkt seiner Macht im 14. Jahrhundert; danach formierten sich die westlichen Teile des Mandinka-Reiches im Staat Gabu, während Jolof sich nördlich des Gambia-Flusses behauptete. Im Jahre 1444 erreichte das erste portugiesische Schiff die Küste vor dem heutigen Senegal. Die Portugiesen waren vor allem daran interessiert, unter Umgehung der Araber afrikanisches Gold zu handeln. In den folgenden Jahrhunderten wurde der Handel von Lançados, also Nachkommen portugiesischer Seefahrer und afrikanischer Frauen, betrieben. Gemeinden von Lançados gab es an zahlreichen Orten entlang der afrikanischen Küste; dies waren jedoch zunächst keine Kolonien. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts fand eine starke Nordmigration von Tukulor statt, die den Staat Takrur endgültig zerstörten und Jolof zum Zerfall in mehrere Königreiche brachte, nämlich Waalo, Cayor, Baol, Sine und Saloum. Diese Staaten waren alle instabil; Adelige, Könige und Angehörige der Krieger-Kaste des alten Mali-Reiches kämpften um Einfluss. Kolonialzeit Die Instabilität der Staaten des heutigen Senegal wurde durch den Sklavenhandel noch verstärkt. Ab dem 17. Jahrhundert wurde das portugiesische Händlernetzwerk durch befestigte französische, niederländische und britische Kolonien, meist auf dem Festland vorgelagerten Inseln ersetzt. Die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Staaten hatten nun zunehmend den Erwerb von Gefangenen zum Ziel. Obwohl die Sklaverei ein Merkmal der traditionellen Gesellschaften war, hatte die Anzahl der Menschen, die in Richtung Amerika verschleppt wurde, auf die Demographie der Region eine verheerende Wirkung. Als der Sklavenhandel zum Erliegen kam, hatten die Herrschenden wiederum Schwierigkeiten, den Einnahmeausfall zu kompensieren. Die Folge war eine Serie von islamischen Revolutionen von 1673 bis 1888, die die Könige stürzten und islamische Staaten zu errichten versuchten. Die meisten dieser Revolutionen scheiterten, da die Monarchen von den Franzosen mit Feuerwaffen unterstützt wurden. Die Franzosen hatten vor allem in Saint Louis und Gorée Kolonien eingerichtet, die formell Gouverneuren der Handelskompanien unterstellt waren. Die Umstände verhinderten es jedoch, dass administrative Strukturen aufgebaut wurden. Die eigentliche Macht in diesen Zentren wurde so langsam von Métis übernommen, die den Handel mit dem Hinterland kontrollierten. So weigerten sich die Métis, das in der Folge der französischen Revolution erlassene Verbot der Sklaverei umzusetzen; dies geschah offiziell erst 1848. Die Métis entwickelten auch neue Handelsaktivitäten, etwa zunächst den Gummi- und später massiv den Erdnussexport. Bis zum Jahr 1891 kam das gesamte Gebiet des heutigen Senegal unter französische Kontrolle. Die Königreiche wurden durch Kantone ersetzt, denen Adelige nach traditionellem System vorstanden, die aber wenig Einfluss ausüben konnten. Den bedeutend stärkeren Einfluss der aufstrebenden Sufi-Orden nutzten die Franzosen für die Zwecke der Verbreitung des Erdnuss-Anbaus in ihrem Sinne aus. Die quatre communes Saint Louis, Gorée, Rufisque und Dakar waren seit 1848 Gemeinden mit vollem französischen Bürgerrecht. Hier entwickelte sich die Gesellschaft nach französischem Vorbild: Es entstanden Zeitungen, politische Parteien und Gewerkschaften; es wurden Wahlen abgehalten und 1914 wurde Blaise Diagne zum ersten afrikanischen Vertreter der Vier Kommunen im französischen Parlament gewählt. 1902 wurde Dakar Hauptstadt der 1895 gegründeten Konföderation Afrique Occidentale Française (AOF). Die entstehenden Emanzipationsbewegungen wurden durch die beiden Weltkriege, in denen senegalesische Truppen auf französischer Seite eingesetzt waren, noch verstärkt. Streiks und Revolten zwangen die Kolonialmacht dazu, im Jahre 1956 allen erwachsenen Bürgern der Kolonie das Wahlrecht zu verleihen. Der Politiker, der die Gegensätze der Menschen in den europäisch orientierten Städten und der religiös-konservativen Landbevölkerung am besten vereinen konnte, war Léopold Sédar Senghor. Er schaffte es, eine Koalition zu bilden, die die Sozialisten von Lamine Guèye bis hin zum Kalif des Muriden-Ordens, Falilou Mbacké, verband. Als 1960 die AOF aufgelöst wurde, lehnten zahlreiche führende Persönlichkeiten den Zerfall Westafrikas in kleine Nationalstaaten ab. Konsequenterweise erreichte das Land seine Unabhängigkeit zusammen mit dem heutigen Mali als Mali-Föderation am 20. Juni 1960. Bereits 2 Monate später zerstritten sich Senghor und Modibo Keita jedoch und beide Staaten gingen getrennte Wege. Senghor wurde am 5. September 1960 zum ersten Präsidenten des Landes gewählt. Seit der Unabhängigkeit Nach der Unabhängigkeit wurde im Senegal ein Regierungsmodell eingeführt, das sich sehr stark an Frankreich orientierte: Bis heute ist der Senegal eine stark zentralisierte Präsidialrepublik. Die drei Persönlichkeiten, die die ersten Jahre der Unabhängigkeit dominierten, waren Präsident Léopold Sédar Senghor, Parlamentspräsident Lamine Guèye und Premierminister Mamadou Dia. Letzterer begann ein ehrgeiziges Reformprogramm in wirtschaftlichen und politischen Belangen; er wurde jedoch bereits 1962 der Planung eines Putsches beschuldigt und verhaftet. Nach dieser politischen Krise wurde 1963 eine neue Verfassung angenommen, die die Rechte des Präsidenten stärkte; gleichzeitig wurde aus dem Senegal faktisch ein Einparteienstaat, so dass 1965 nur noch die Union Progressiste Sénégalaise des Präsidenten zugelassen war. Senghor verfolgte vor allem eine visionäre Kulturpolitik, in welcher der Staat Festivals, Studios und Museen finanzierte. In der gleichen Zeit begann jedoch ein Preisverfall beim wichtigsten Exportgut des Landes, den Erdnüssen, und eine Serie von Dürren brachte einen weiteren Rückgang der Produktion. Der dadurch verursachte Einnahmenrückgang des Staates führte zu ernsthaften sozialen Spannungen. Angesichts der Krise wurde das politische System wieder liberalisiert, 1974 wurde die Oppositionspartei Parti Démocratique Sénégalais zugelassen und 1980 dankte Senghor als erster afrikanischer Staatschef ab und übergab das Amt an Abdou Diouf. In die Amtszeit von Diouf fallen vor allem bewaffnete Konflikte im Inneren wie im Äußeren sowie ein stetiger wirtschaftlicher Abstieg. Die Umsetzung der Reformen, die von den Gläubigern des Senegals verlangt wurden, brachte Privatisierungen und das Ende von Subventionen, was die Lebenshaltungskosten der Menschen scharf ansteigen ließ. 1981/82 entsandte der Senegal seine Armee nach Gambia, um Präsident Dawda Jawara in einem Militärputsch beizustehen. Die in der Folge gegründete Konföderation Senegambia hatte jedoch keine lange Lebensdauer. Weiter brach 1982 der Casamance-Konflikt aus, mit der Separatistenbewegung Mouvement des forces démocratiques de la Casamance an dessen Spitze. Streitigkeiten um Weide- und Wassernutzungsrechte am Senegal-Fluss führten schließlich 1989 zu einem Grenzkrieg mit Mauretanien, der 400 Todesopfer forderte und zahlreiche Menschen auf beiden Seiten der Grenze zur Rückkehr in ihr Heimatland zwang. Nach einem Militärputsch im benachbarten Guinea-Bissau entsandten der Senegal und Guinea im Juni 1998 Truppen. Nachdem alle Wahlgänge in den 1980er und 1990er Jahren zu starken innenpolitischen Spannungen geführt hatten, wurde im Jahr 2000 der erste friedliche Machtwechsel südlich der Sahara vollzogen: Abdoulaye Wade gewann die Präsidentschaftswahlen und, ein Jahr später, gewann seine Partei auch die Parlamentswahlen. Im Januar 2001 wurde die Verfassung per Referendum geändert. Die Amtszeit des Präsidenten wurde auf maximal zwei Mandate à 5 Jahre begrenzt. Die Politik Wades zielte auf Liberalisierung, Investitionsfreundlichkeit und Förderung von Telekommunikation und Tourismus ab, der Erfolg lässt jedoch nach wie vor auf sich warten. Gleichzeitig wurde Wade in zunehmendem Maße Klientelismus und Verschwendung vorgeworfen; die Kaufkraft der Senegalesen sank nach wie vor und vor allem junge Menschen wendeten sich von der Politik ab.