Geschichte

Frühgeschichte bis Antike

Es wird geschätzt, dass Portugal bereits vor 500.000 Jahren besiedelt wurde. Das älteste in Portugal gefundene menschliche Fossil stammt von Neandertalern, die vor etwa 100.000 Jahren Portugal bewohnten. Felszeichnungen aus der Altsteinzeit, die die weltweit bedeutendsten ihrer Art sind, werden auf ein Alter von 10.000 bis 25.000 Jahren geschätzt. Der Übergang zur Jungsteinzeit erfolgte zwar spät, dafür setzte sich speziell in Südportugal die Kupferverarbeitung besonders schnell durch. Erste Handelsbeziehungen mit anderen Regionen Europas sind für diese Zeit belegt. Ab 800 v. Chr. gründeten Phönizier Handelsstützpunkte an der Algarve. Ab etwa 600 v. Chr. gründeten Griechen im östlichen und nordöstlichen Bereich mehrere kleine Siedlungen. Frühestens ab dem 6. bis 3. Jh. v. Chr. wanderten in mehreren Wellen Kelten ein, die sich mit den Iberern vermischten. Neben den Kelten wird der Stamm der Lusitaner genannt, der den Römern als besonders wehrhaft galt und im Lateinischen namensgebend für das Land werden sollte. Die Vermischung der Kelten mit der einheimischen Kultur erschuf die Keltiberer.

Ab 450 v. Chr. wurde die südliche iberische Halbinsel von Karthago kolonisiert. Bis 206 v. Chr. gelang es den Römern, die Karthager zu vertreiben. Im Verlaufe des Zweiten Punischen Krieges, an dem zahlreiche lusitanische Söldner von Karthago eingesetzt wurden, kam es zu einer Gegeninvasion Roms auf der iberischen Halbinsel und damit zu einer Romanisierung. Von den Römern wurde das Territorium Portugals zunächst als Provinz Hispania ulterior, ab der Regierungszeit von Augustus unter dem Namen Lusitania verwaltet, die neben dem Großteil des heutigen Portugal weitere Gebiete im Westen des heutigen Spanien umfasste. In Nord- und Nordostportugal trafen die römischen Eroberer auf starken Widerstand; erst ab 19 v. Chr. galt die Region als unterworfen. Danach kam es zu starker Romanisierung, Städte nach römischem Vorbild, Römerstraßen, Villae und Bergwerke entstanden, mit den Siedlern kam das Vulgärlatein ins Land, aus dem später die portugiesische Sprache entstand, und auch das Christentum. Die römische Herrschaft endete in der Völkerwanderungszeit; Sueben (ab 409), Alanen, Vandalen und vor allem Westgoten (ab 416) fielen ein und gründeten kurzlebige Reiche auf dem Gebiet des heutigen Portugal. Nur die Sueben konnten sich länger halten, ihr Reich um Braga wurde jedoch 456 durch Theoderich II. und ein zweites Mal 585 durch Leovigild zerstört.

Maurische Herrschaft bis Kolonialmacht Portugal

Im Jahre 711 besiegte ein von Tariq ibn Ziyad geführtes Berberheer die Armee von Westgoten-König Rodrigo. Bis 716 war das ganze Territorium des Westgoten-Reiches unter Kontrolle der Umayyaden, Lusitanien wahrscheinlich schon 713. Al-Andalus und vor allem das Emirat, später Kalifat von Córdoba wurde teils von sehr fähigen und erfolgreichen Herrschern wie Abd ar-Rahman I., Abd ar-Rahman III. oder al-Hakam II. geführt und gehörte zu den fortschrittlichsten Reichen seiner Zeit. Nach seinem Zerfall in mehrere Taifas, gehörte der Großteil Lusitaniens zur Taifa von Badajoz, der äußerste Süden zu Sevilla. Es kam zu einer Einwanderung von berberischen Siedlern, klimatisch bedingt vor allem in den Süden der Halbinsel. Der maurische Einfluss auf Kultur und Sprache Portugals war stark und nachhaltig.

Das Königreich Asturien war für die Mauren nicht von Interesse. Von hier ausgehend begann im 9. Jahrhundert die christliche Reconquista der Territorien des späteren Portugal. Im Jahre 868, während einer Schwächephase des Emirates von Córdoba, wurde Portucale erobert (Presúria), 879 Coimbra. Mit der Presúria von Portucale durch Vímara Peres entwickelte sich in der Gegend um Porto als Teil des Königreiches Asturien-León eine „erste“ Grafschaft Portucale (Condado Portucalense). Nachkommen aus der Familie von Vímara Peres herrschten in dieser Region bis 1071; es kam zum Wiederaufbau von Braga und zum Bau der Festung von Guimarães. 1071 wurde eine Revolte des letzten Grafen von Portucale, Nuno Mendes, gegen den 1065 zum König von Galicien und Portugal ernannten Garcia niedergeschlagen. Der König von León belehnte um 1095 Heinrich von Burgund mit Portucale und Coimbra. Es entstand eine, ebenfalls als Condado Portucalense bezeichnete, „zweite“ Grafschaft Portucale, die direkt zur Gründung des unabhängigen Königreiches von Portugal führte.

Bereits der Sohn Heinrichs von Burgund, Alfons I., rebellierte 1127 mit Unterstützung des lokalen Kleinadels (infanções) nach dem Tod Heinrichs gegen seine eigene Mutter, die einen galizischen Prinzen geheiratet hatte. Nach der gewonnenen Schlacht von Ourique hatte er so weit an Prestige gewonnen, dass er 1143 mit Einverständnis von Alfons VII. von León den Königstitel annahm. Im Jahre 1166 gab León den Anspruch der Vorherrschaft über Portucale auf, womit die formelle Unabhängigkeit erlangt wurde. Die Herrscher des Hauses Burgund versuchten, ihr Territorium in Richtung Süden auszudehnen, wobei es das Ziel gewesen sein dürfte, die Macht über ganz Lusitanien zu erlangen. Kastilien verhinderte dies aber. Bis 1250 wurde die Reconquista mit der Eroberung der Algarve, unter starker Beteiligung ausländischer Ritter und Ritterorden, abgeschlossen.

1383 starb das Haus Burgund in Portugal aus. Ein nichtehelicher Abkömmling, Johann von Avis rief sich zum König aus, konnte kastilische Ansprüche auf den portugiesischen Thron in der Schlacht von Aljubarrota (1385) abwehren und gründete die zweite portugiesische Dynastie, das Haus Avis. Unter den Avis-Königen (besonders Emanuel I. – er herrschte von 1495 bis 1521) stieg Portugal zur führenden europäischen Handels- und Seemacht auf. Heinrich der Seefahrer (1394–1460) initiierte Entdeckungsreisen an der westafrikanischen Küste, die am Beginn der Errichtung des portugiesischen Kolonialreiches zuerst in Afrika, später in Südamerika (Brasilien) sowie Asien (Portugiesisch-Indien, Ceylon, Malakka, Macau u. a.) und der europäischen Expansion standen. Das Land war Weltmacht und eine der reichsten Nationen Europas. Auch kulturell kam es zu einer Blütezeit (Luís de Camões).

1580 starb das Haus Avis aus, Portugal fiel aus dynastischen Gründen an die spanischen Habsburger. Bis 1640 herrschten die Spanier; Portugal verlor seine Unabhängigkeit, sank zur spanischen Provinz herab und verlor Teile seines Kolonialreiches. 1640 führte der Herzog von Braganza eine Adelsrevolte gegen die spanische Herrschaft an und rief sich als Johann IV. zum König aus. Er gründete die vorletzte portugiesische Dynastie, das Haus Braganza. Außen- und wirtschaftspolitisch geriet das Land in immer größere Abhängigkeit von England (Methuenvertrag, 1703). 1755 vernichtete ein Erdbeben große Teile der Hauptstadt Lissabon. Unter dem Ersten Minister und Reformer Marquês de Pombal wurde die Stadt wieder aufgebaut und das Land mit zum Teil drastischen Methoden zu einem aufgeklärt absolutistischen Staat umgeformt. 1761 kam es zu einem Angriff Spaniens und Frankreichs auf das Land, Pombal trug Wilhelm Graf zu Schaumburg-Lippe den Oberbefehl über die vereinigten portugiesischen und britischen Truppen an. Wilhelm wehrte die Angriffe ab und sicherte damit die Unabhängigkeit Portugals. In den folgenden Jahren reformierte er das portugiesische Heer tiefgreifend und ließ die Festung Elvas an der spanischen Grenze errichten. 1807 besetzten napoleonische Truppen das Land; die königliche Familie floh nach Brasilien. Nachdem die Franzosen mit britischer Hilfe vertrieben worden waren, kam es zur liberalen Revolution, das Land erhielt zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Verfassung (1821). Der anschließende Kampf zwischen Anhängern des Absolutismus und Befürwortern einer konstitutionellen Monarchie wurde erst durch den Sieg Letzterer im Miguelistenkrieg entschieden. Am 7. September 1822 erlangte Brasilien unter Kaiser Pedro I. seine Unabhängigkeit.

Endphase der Monarchie bis Estado Novo

Die Zeit nach Ende des Miguelistenkrieges wurde von der Auseinandersetzung zwischen Rechts- und Linksliberalen (Cartisten und Setembristen) geprägt. 1853 starb mit Königin Maria II. das Haus Braganza in direkter Linie aus, über die Ehe der Königin mit Ferdinand II. von Sachsen-Coburg und Gotha übernahm der portugiesische Zweig dieses deutschen Adelshauses den Thron (bis 1910). Die Endphase der Monarchie war durch eine große Armut, geringe Bildung (80 Prozent der Portugiesen waren Analphabeten), allgemeine wirtschaftliche Probleme (Staatsbankrott 1891) und durch sich zu Staatskrisen ausweitende republikanische Aufstände geprägt. Unter João Franco wurden die Königsbezüge weiter erhöht und das Ansehen der Monarchie litt verschärft durch den sichtbaren Widerspruch zwischen zerrütteten Staatsfinanzen einerseits und dem luxuriösen, extravaganten Lebensstil der Herrscherfamilie andererseits. 1908 wurden der König Karl I. und sein Sohn, Thronfolger Ludwig Philipp, bei einer Kutschfahrt erschossen. Nur der Sohn Manuel überlebte das Attentat.

Am 3. Oktober 1910 wurde der republikanische Abgeordnete Miguel Bombarda unter ungeklärten Umständen ermordet. In der Nacht kam es daraufhin in Lissabon zu Aufständen. Eine schnell gebildete provisorische Regierung rief am 5. Oktober 1910 die Republik aus; König Manuel II. floh ins englische Exil.

Die junge Republik Portugal sagte Großbritannien 1914 materielle Unterstützung und die Entsendung eigener Truppen zu. Obwohl sie offiziell neutral war, rechtfertigte die portugiesische Regierung die Beteiligung am Ersten Weltkrieg mit einem alten Allianz-Abkommen der beiden Länder, das 1912 erneuert worden war.

Im März 1916 trat das Land auf Seiten der Entente in den Ersten Weltkrieg ein. Portugal mobilisierte zeitweise 56.500 Soldaten. In der Vierten Flandernschlacht fielen an einem einzigen Tag fast 7.500 Männer bei einer deutschen Offensive.

In der sogenannten Ersten Republik (bis 1926) herrschten allgemeine politische Instabilität und anarchisch chaotische Zustände. Sie war durch monarchistische und kommunistische Aufstände, Putschversuche (unter anderen des Sidónio Pais, 1917) und schwache, häufig wechselnde Regierungen ohne parlamentarische Mehrheit gekennzeichnet.

1926 putschte das Militär und beendete die erste Republik. Unter den Militärs stieg ein Zivilist, António de Oliveira Salazar, ab 1928 Finanzminister, ab 1932 Ministerpräsident, zu höchster Macht auf. Er gründete ab 1933 den „Estado Novo“, den neuen Staat, ein autoritäres Gebilde mit faschistischen Tendenzen, mit Einheitspartei (Nationale Union), Staatsjugend und Geheimpolizei (PIDE). Die katholisch-autoritäre und antidemokratische Ideologie des Diktators verfolgte das Projekt eines „Ständestaates“.

Außenpolitisch baute Salazar auf die Bindung an Großbritannien, sympathisierte im spanischen Bürgerkrieg mit den nationalspanischen Kräften und taktierte geschickt zwischen den Blöcken. Im Zweiten Weltkrieg blieb das Land neutral, belieferte beide Seiten mit dem wichtigen Rohstoff Wolfram und wurde zum Tummelplatz von Geheimagenten vieler Kriegsparteien. Salazar, der von Anfang an mit einem alliierten Sieg rechnete und entscheidend auf Franco im Sinne einer spanischen Neutralität eingewirkt hatte, erlaubte den Alliierten schließlich im Herbst 1943 die Einrichtung von Militärbasen auf den Azoren.

Portugal ist Gründungsmitglied der 1949 geschaffenen NATO. Ab 1960 – dem Afrikanischen Jahr, bei dem 18 Länder unabhängig wurden – begann der Kolonialkrieg, der in Afrika (Angola, Mosambik, Guinea-Bissau) mit großer Härte geführt wurde. Der Versuch des Offiziers Henrique Galvão, das Salazar-System durch die Entführung des Passagierschiffs Santa Maria im Januar 1961 in der Karibik zum Einsturz zu bringen, scheiterte, obwohl die Santa-Maria-Affäre international Aufsehen erregte.

1968 musste Salazar wegen gesundheitlicher Probleme zurücktreten. Sein Nachfolger, Marcelo Caetano, konnte sich nicht zu grundlegenden Reformen entschließen. Durch den Kolonialkrieg war Portugal außenpolitisch zunehmend isoliert, die Kriegskosten führten zu steigender Staatsverschuldung und Inflation.

Führende Militärs erkannten, dass der Kolonialkrieg militärisch für Portugal nicht zu gewinnen war. Wegen der Unfähigkeit der Regierung, eine politische Lösung des Problems zu finden, putschten sie 1974. Eine allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Diktatur, durch die einsetzende Wirtschaftskrise (ausgelöst durch die erste Ölkrise 1973) noch verstärkt, führte dazu, dass sich große Teile der Bevölkerung mit den putschenden Offizieren solidarisierten. Es kam zu einer allgemeinen Volkserhebung, der Nelkenrevolution, die den Estado Novo beendete. Die neuen Machthaber entließen die portugiesischen Kolonien, bis auf Macau, in die Unabhängigkeit (1974/1975). Macau folgte 1999.

Nelkenrevolution bis EG-Beitritt

Die erste Zeit nach der Revolution war geprägt von der Auseinandersetzung zwischen einer eher konservativen Strömung (General Spínola) und einem sozialistischen Flügel (Hauptmann Otelo Saraiva de Carvalho) innerhalb des MFA (Movimento das Forças Armadas – Bewegung der Streitkräfte), der Vereinigung der putschenden Offiziere. Zunächst sah es so aus, als würde die sozialistische Strömung siegen, es kam zu Verstaatlichungen und zu einer Landreform. Die Verfassung von 1976 definierte den Übergang zum Sozialismus als Staatsziel.

Als sich bei den ersten Präsidentschaftswahlen nach der neuen Verfassung 1976 der gemäßigtere General Eanes überraschend deutlich gegen Otelo Saraiva de Carvalho durchsetzen konnte, waren die Weichen für eine Rückkehr des Landes zu einer parlamentarischen Demokratie westeuropäischen Zuschnitts gestellt. Eanes und der Vorsitzende der Sozialistischen Partei Mário Soares (Regierungschef von 1976 bis 1978 und 1983 bis 1985, Staatspräsident von 1986 bis 1996) führten das Land schließlich 1986 in die Europäische Gemeinschaft.

Vom EU-Beitritt bis heute

1979 gewann zum ersten Mal seit der Nelkenrevolution wieder eine politische Gruppierung die Parlamentswahlen, die rechts der Mitte stand, die Regierungen unter Francisco Sá Carneiro und Francisco Pinto Balsemão. Die Regierung konnte sich mit der sozialistischen Opposition auf eine Verfassungsänderung einigen, die die sozialistischen Überreste entfernte, welche nach der Nelkenrevolution in die Verfassung geschrieben worden waren. Die 1982 in Kraft getretene Verfassungsänderung ersetzte den bis dahin bedeutenden Revolutionsrat durch ein Verfassungsgericht nach dem Vorbild anderer demokratischer Staaten. 1985 wurde Aníbal Cavaco Silva Premierminister. Seiner konservativen Partido Social Democrata (PSD) gelang bei den Wahlen 1987 ein Erdrutschsieg; erstmals errang eine Partei die absolute Mehrheit. Cavaco Silva blieb bis 1995 Ministerpräsident. Er verfolgte eine neoliberale Wirtschaftspolitik und nahm die Verstaatlichungen aus der Zeit der Nelkenrevolution zurück. Von 1995 bis 2002 stellten wieder die Sozialisten mit António Guterres die Regierung.

Bei den Parlamentswahlen vom 17. März 2002 kam es zu einem neuerlichen Rechtsrutsch. Bei einer Wahlbeteiligung von 62,3 Prozent erreichte die konservative PSD unter José Manuel Durão Barroso eine relative Stimmenmehrheit von 40,1 Prozent, gefolgt von der sozialistischen Partido Socialista und der rechtskonservativen Volkspartei CDS-PP mit 37,9 beziehungsweise 8,8 Prozent. Mit letzterer bildete Barroso eine Koalitionsregierung, wobei der populistische Vorsitzende des CDS-PP, Paulo Portas, das Amt des Verteidigungsministers übernahm und zudem die Bereiche Justiz sowie Arbeit und Soziales an das CDS-PP gingen. Die Sozialisten stellten jedoch ununterbrochen den Präsidenten des Landes, da Nachfolger von Soares 1996 der Sozialist Jorge Sampaio wurde.

Im Juli 2004 wurde Barroso vom Europäischen Rat zum Nachfolger von Romano Prodi als Präsident der Kommission der Europäischen Union nominiert. Sein Nachfolger als Ministerpräsident wurde Pedro Santana Lopes, der nur kurze Zeit regieren konnte, da Präsident Sampaio bereits im November das Parlament vorzeitig auflöste und für Februar 2005 Neuwahlen ausschrieb, bei der die Partido Socialista mit 121 von 230 Sitzen zum ersten Mal in der Geschichte die absolute Mehrheit der Parlamentssitze errang. Ihr Spitzenkandidat José Sócrates wurde am 12. März 2005 neuer Ministerpräsident des Landes.

Am 22. Januar 2006 wählten ungefähr 8,9 Millionen Portugiesen einen neuen Präsidenten. Der bisherige Präsident, der Sozialist Jorge Sampaio, durfte sich nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl stellen. Gegen fünf Kandidaten der Linken setzte sich bereits im ersten Wahlgang der Mitte-rechts-Kandidat und frühere Regierungschef Aníbal Cavaco Silva (PSD) mit einer absoluten Mehrheit von 50,6 Prozent bei einer Wahlbeteiligung von 62,6 Prozent durch. Er wurde von einem Bündnis aus PSD und CDS-PP unterstützt. Der als Architekt des portugiesischen Wirtschaftsaufschwungs in den Jahren 1985 bis 1995 geltende 66-jährige Wirtschaftsprofessor wurde damit der erste bürgerliche Präsident in Portugal seit der Nelkenrevolution von 1974. Er wurde am 9. März 2006 für fünf Jahre in sein Amt eingeführt. Am 23. Januar 2011 wurde Cavaco Silva im Amt bestätigt.

Die drastischen Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise dominierten den Wahlkampf bei den Parlamentswahlen 2009. Obwohl die regierenden Sozialisten deutlich an Wählerstimmen verloren und ihre absolute Mehrheit einbüßten, gelang es ihnen, sich als wählerstärkste Partei zu behaupten. Damit blieb auch die Regierung Sócrates im Amt.

Nachdem das Sparkonzept der Regierung im Parlament keine Mehrheit fand, reichte Sócrates am 23. März 2011 sein Rücktrittsgesuch ein. In den anschließenden Neuwahlen erfuhren die Sozialisten eine deutliche Wahlniederlage. Folgerichtig wurde am 15. Juni 2011 Pedro Passos Coelho, Vorsitzender der mit fast 40 % der Stimmen siegreichen liberal-konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD), zum neuen Ministerpräsidenten Portugals ernannt. Er führt eine Koalitionsregierung aus PSD und CDS-PP, die mit 132 von 230 Parlamentssitzen über eine solide Mehrheit verfügt.

Nach der Parlamentswahl am 4. Oktober 2015 blieb das bisher regierende Parteienbündnis PàF zwar stärkste Kraft, verlor jedoch die absolute Mehrheit. Die linken bisherigen Oppositionsparteien PS, BE und CDU halten zusammen mit 124 der insgesamt 230 Sitze im Parlament eine regierungsfähige Mehrheit. Am 20. Oktober 2015 kündigte António Costa (PS) Staatspräsident Anibal Cavaco Silva an, eine Linksregierung bilden zu wollen. Dieser blockierte jedoch vorerst die Versuche der Sozialisten und Kommunisten, ein Regierungsbündnis zu schließen, und ernannte den amtierenden bürgerlich-konservativen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho abermals zum Regierungschef. In einer Fernsehrede an die Nation am Abend des 22. Oktober 2015 begründete Cavaco Silva dies mit Rücksichtnahme auf Europäische Union und Euro, „Finanzinstitutionen, Investoren und die Märkte“. Erst zwei Wochen, nachdem die Parlamentsmehrheit Passos Regierungsprogramm abgelehnt hatte, beauftragte der Präsident am 23. November Costa, der ein Ende der unsozialen Politik versprach und den Mindestlohn und die Renten anheben und die Wirtschaft ankurbeln will, mit der Regierungsbildung unter der Auflage, den Regeln der Euro-Zone zu folgen und den internationalen Verpflichtungen Portugals nachzukommen. António Costa ist seit 26. November 2015 als Premierminister im Amt. Am 24. Januar 2016 wurde Marcelo Rebelo de Sousa (PSD) zum Staatspräsidenten gewählt.

Politisches System

Seit der Nelkenrevolution des Jahres 1974 hat sich Portugal zu einer stabilen, repräsentativen Demokratie mit semipräsidentiellem Regierungssystem entwickelt. Die vier wichtigsten Organe der Politik in Portugal sind der Präsident, der Premierminister und sein Ministerrat, das Parlament sowie die Justiz (siehe auch Verfassung Portugals).

Der Präsident, der alle fünf Jahre direkt in allgemeinen und direkten Wahlen bestimmt wird, ist Oberkommandierender der Streitkräfte. Er ernennt einen Premierminister und den Ministerrat, wobei er sich am Ergebnis der Parlamentswahlen zu orientieren hat. Der Staatsrat ist ein Gremium, das den Präsidenten berät, und besteht aus dem Staatspräsidenten und seinen Vorgängern, dem Premierminister, dem Präsidenten des Verfassungsgerichtes (Tribunal Constitucional), dem Bürgerbeauftragten, den regionalen Präsidenten (Madeira und Azoren) sowie fünf vom Staatspräsidenten und fünf vom Parlament ausgewählten Personen.

Die Verfassung von 1976 galt als ein Kompromiss zwischen zwei Legitimitätsformen, die sich während der Transformation herausgebildet haben: dem Militär, dem gewählten Parlament und dem gewählten Präsidenten. Bis zu einer endgültigen Institutionalisierung des Regierungssystems in Portugal dauerte es bis 1982, als die Verfassung eine Revision erfuhr. Bis 1982 wurde die revolutionäre Legitimation des Militärs als notwendig empfunden. Seit der Revision 1982 wurden die Befugnisse des Präsidenten zu Gunsten des Parlamentes beschnitten. Man spricht in dem Zusammenhang von der Herausbildung eines parlamentarischen Regierungssystems. Die Regierung ist seitdem allein dem Parlament verantwortlich. Die Befugnisse des Militärs wurden durch die Auflösung des Revolutionsrates beschnitten und einer zivilen Kontrolle unterstellt. Seit der Verfassungsrevision 1982 hat der direkt gewählte Präsident in Portugal keine exekutiven Befugnisse mehr.

Die Regierung wird vom Premierminister geleitet, der sich einen Ministerrat zusammenstellt. Jede neue Regierung muss dem Parlament ihr Programm zur Debatte vorlegen. Wird es nicht abgelehnt, ist die Regierung vom Parlament akzeptiert.

Das Parlament wird als Assembleia da República (Versammlung der Republik) bezeichnet und besteht aus einer Kammer mit bis zu 230 Abgeordneten (Einkammersystem). Die Abgeordneten werden für vier Jahre nach Verhältniswahlrecht gewählt. Der Präsident hat das Recht, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen.

Das Oberste Gericht ist die höchste Instanz der portugiesischen Justiz. Zudem sind besondere Oberste Gerichte für militärische, verwaltungsrechtliche und steuerrechtliche Fragen zuständig. Das Verfassungsgericht Portugals hat neun Mitglieder und überwacht die verfassungsgemäße Auslegung des Rechts.

Die über lange Zeit größten Parteien sind die sozialdemokratisch orientierte Sozialistische Partei (PS) und die bürgerlich-konservativ orientierte Sozialdemokratische Partei (PSD). Daneben gibt es noch die rechtspopulistische Volkspartei (CDS/PP), die traditionsreiche Kommunistische Partei (PCP) und den vor wenigen Jahren als Sammelbecken der intellektuellen Linken gegründeten Linksblock (BE). Die fünf Parteien sind seit der Parlamentswahl am 5. Juni 2011 im Parlament vertreten. Die Grünen (PEV) treten in Portugal seit 1987 immer in Listenunion mit den Kommunisten an und bekommen seit Gründung dieses Bündnisses (CDU) immer zwei Parlamentsmandate.

Internationale Beziehungen

Portugal ist Mitglied der Europäischen Union und hatte im zweiten Halbjahr 2007 den Ratsvorsitz inne. Das Land hatte den Vorsitz bereits im ersten Halbjahr 2000. In dieser Zeit verfolgte Portugal vor allem das Ziel, den Dialog mit Afrika zu forcieren und Impulse zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu geben.

Portugal war Gründungsmitglied der NATO und beteiligt sich mit Truppen an der Friedenssicherung auf dem Balkan. Zusammen mit Spanien ist Portugal an den Ibero-Amerikanischen Gipfeltreffen beteiligt, die vor allem den Dialog mit den Ländern Lateinamerikas fördern sollen. Federführend war das Land bei der Gründung der Gemeinschaft der Portugiesischsprachigen Länder (CPLP), deren Ziel es ist, die Zusammenarbeit dieser Länder zu vertiefen. Ferner ist das Land Mitglied in der Lateinischen Union, die den Erhalt und die Vielfältigkeit der romanischen Sprachen fördert.

Portugal unterstützte eins seiner früheren Kolonialgebiete, Osttimor, im Kampf um Unabhängigkeit von Indonesien, und kooperiert dabei zugunsten des jungen Staates finanziell und militärisch mit asiatischen Ländern, den Vereinigten Staaten sowie der UNO.

Es besteht ein Streit zwischen Portugal und Spanien um das Gebiet von Olivenza (oder Olivença), das gegenwärtig zum spanischen Staat gehört, jedoch von Portugal beansprucht wird. Olivença kam 1801 unter spanische Verwaltung, doch Spanien erklärte sich auf dem Wiener Kongress von 1815 bereit, das Gebiet an Portugal zurückzugeben. Portugal verlangt seither die Rückgabe.

  • Siehe auch: Übersicht der bilateralen Beziehungen Portugals

Bildungssystem

Bis zur Nelkenrevolution 1974 wurde Bildung vernachlässigt, und nach der Revolution ging der Aufbau des Bildungssystems nur langsam voran. Dies macht sich bis heute bemerkbar: Im Jahr 2000 verfügten beispielsweise nur ungefähr ein Zehntel der Dreißigjährigen über einen Hochschulabschluss. Damit lag Portugal unter den EU-Mitgliedern vor der Osterweiterung mit großem Abstand weit zurück. Die Analphabetenquote liegt um 4,6 % (3,1 % bei Männern, 5,9 % bei Frauen).

Das Schulsystem besteht aus einer vierjährigen Grundschule und einer fünfjährigen Oberschule. Für Kinder ab dem sechsten Lebensjahr besteht eine gesetzlich festgelegte neunjährige Schulpflicht. Der Pflichtschulunterricht ist an staatlichen Schulen kostenlos. Für den Unterricht an einer der vergleichsweise zahlreichen privaten Schulen können bedürftige Familien Unterstützung erhalten.

Wer nach der Oberschule die dreijährige Escola Secundária absolviert, bekommt die Universitätsreife und kann zwischen mehreren Möglichkeiten des Hochschulstudiums wählen: Hochschulbildung wird in Portugal von staatlichen und privaten Universitäten (universidades) sowie staatlichen und privaten Fachhochschulen (escolas politécnicas) angeboten. Zur Förderung abgelegener Gebiete wurden in vielen mittleren Städten Hochschulen eingerichtet. In jedem Fall ist eine Aufnahmeprüfung zu absolvieren und es sind Studiengebühren zu entrichten, die bei privaten Schulen höher sind als bei staatlichen. Sie sind je nach Fachrichtung unterschiedlich, für staatliche Einrichtungen bis zu 850 € jährlich. Trotzdem ist etwa ein Drittel der Studenten bei einer privaten Institution eingeschrieben. Zusätzlich zu den Einschreibegebühren sind propinas, Gebühren für die Vergabe von Zeugnissen und Diplomen zu zahlen. Etwa 20 % der Studenten kommen in den Genuss einer einkommensabhängigen staatlichen Unterstützung.

Gesundheitssystem

Mit dem steuerfinanzierten Serviço Nacional de Saúde steht seit 1979 allen Einheimischen und Besuchern ein, bis auf meist geringe Zuzahlungen, weitgehend kostenloses Gesundheitssystem zur Verfügung, wie es die portugiesische Verfassung von 1976 festgeschrieben hat. Daneben bestehen berufsständische und private Gesundheitssysteme. Mit 3,33 Ärzten pro 1000 Einwohner befindet sich der medizinische Versorgungsgrad in Portugal weltweit auf dem 28. Rang (Vergleich: Deutschland 3,73; Schweiz 3,57; Österreich 2,28). Die Lebenserwartung in Portugal liegt mit 79 Jahren (2009) inzwischen über dem europäischen Mittelwert von 77 Jahren.(2012)

Der öffentliche Rettungsdienst INEM deckt Kontinentalportugal mit einem einheitlichen Notfalldienst ab.

Administrative Gliederung

Portugal gliedert sich in fünf Regionen, 18 Distrikten und den zwei autonomen Regionen der Azoren und Madeira. Zu statistischen Zwecken sind zudem 28 sogenannte statistische Unterregionen eingerichtet. Eine Ebene darunter folgt die Kommunale Selbstverwaltung in Portugal mit 308 Kreisen (Concelhos) und 3091 Gemeinden (Freguesias). Bis zur administrativen Neuordnung 2013 waren es 4259 Gemeinden.

Militär

Die Portugiesischen Streitkräfte (portugiesisch: Forças Armadas Portuguesas) unterstehen dem Verteidigungsministerium und bestehen aus den Teilstreitkräften

  • Heer (Exército Português)
  • Marine (Marinha Portuguesa)
  • Luftstreitkräfte (Força Aérea)
  • Republikanische Nationalgarde (Guarda Nacional Republicana)

Der Präsident ist Oberkommandierender der Streitkräfte. Die bis 2003 herrschende allgemeine Wehrpflicht ist ausgesetzt.