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Geschichte

Die Thai wanderten möglicherweise erst im 11. Jahrhundert in das heutige Thailand ein. Sie gründeten mehrere Königreiche, die in den folgenden Jahrhunderten vereinigt wurden. Es gab jedoch bis ins 19. Jahrhundert keinen Nationalstaat Thailand, sondern die vielen lokalen Fürstentümer (Müang) blieben bestehen und waren lediglich den Herrschern im Zentrum zu Tribut verpflichtet. Diese Netzwerke von einem Herrscher abhängiger Müang werden Mandala genannt. Deren Einflussgebiet hatte keinen festen Grenzen, sondern konnte sich im Laufe der Zeit ausdehnen und wieder zusammenziehen. In der Epoche des Kolonialismus gelang es Thailand, die Unabhängigkeit zu wahren und es entwickelte sich zu einem modernen Zentralstaat. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Thailand häufig vom Militär diktatorisch regiert, gleichzeitig erlebte es einen Wirtschaftsboom und entwickelte sich zu einem der wirtschaftlich führenden Staaten Südostasiens. Innenpolitische Auseinandersetzungen erschütterten die Gesellschaft in den vergangenen Jahren wiederholt. In Südthailand gibt es gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen separatistischen muslimischen Malaien und der Zentralmacht.

Die ersten Reiche

Die ersten Reiche im Gebiet des heutigen Thailand wurden von Mon-Völkern gegründet. Diese Reiche standen im Einfluss des indisierten Funan-Reiches. Funan umfasste im dritten Jahrhundert, dem Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung, auch bedeutende Teile von Thailand. Etwa im 6. Jahrhundert wurde es von Dvaravati abgelöst, einem buddhistischen Netzwerk von Stadtstaaten der Mon im heutigen Zentralthailand, das bis ins 11. Jahrhundert bestand. Etwa zur gleichen Zeit hatten die Mon in Nordthailand das Königreich Haripunjaya. Vom 9. bis 12. Jahrhundert wurden weite Teile Südostasiens durch die Khmer beherrscht. Diese dehnten bereits unter König Jayavarman II. ihre Macht über das gesamte Nordostthailand aus. Bedeutende Städte der Khmer im heutigen Thailand befanden sich im heutigen Lop Buri und Phimai. Der Süden Thailands gehörte zur gleichen Zeit zum buddhistischen Seereich Srivijaya.

Sukhothai

Sie gründeten im 13. Jahrhundert erste Staaten, darunter waren Lan Na und Sukhothai. Dieses Reich, das sich in ursprünglich von den Khmer besiedelten Gebieten befand, wurde von Sri Indraditya gegründet und beherrschte unter Ramkhamhaeng für kurze Zeit ein Territorium, das etwa dem heutigen Thailand entsprach. Nur in Nordthailand gab es selbstständige, aber befreundete Fürstentümer. Sukhothai wurde recht bald zum Tributzahler an China, das 1287 im benachbarten Birma die Tempelstadt Bagan fast restlos zerstört hatte. Nach dem Tode Ramkhamhaengs begann der Niedergang Sukhothais aufgrund von Nachfolgestreitigkeiten, aber auch aufgrund des 1351 gegründeten Ayutthaya.

Ayutthaya

Ayutthaya wurde zur bedeutendsten Macht in Kontinentalsüdostasien, während das Khmerreich von Angkor, das bis dahin den Raum dominierte, niederging und Ayutthaya letzten Endes tributpflichtig wurde. König Ramathibodi, vor allem aber Trailok machten den Theravada-Buddhismus zur Religion Ayutthayas, das Königtum wurde zu einer Art Absolutismus mit gottgleicher Verehrung für den Monarchen reformiert, eine vom indischen Manusmriti inspirierte Rechtsprechung und eine Verwaltung, die auf dem Sakdina-System basierte, wurden eingeführt. Diese Regierungsform hatte im Wesentlichen bis in das 19. Jahrhundert Bestand.

Die ersten Europäer, die Ayutthaya besuchten, waren die Portugiesen, die im Jahre 1511 Malakka erobert hatten. Kurz danach wurden erste Handelsverträge geschlossen und Missionen nach Europa entsandt. Ayutthaya erreichte seine Blüte in der Mitte des 18. Jahrhunderts, dann schwächten innere Konflikte den Staat und er wurde vom benachbarten erstarkten Birma bedroht. Ayutthaya wurde mehrmals angegriffen und letzten Endes 1767 zerstört.

Wiederaufbau und Schaffung der Chakri-Dynastie

Der nicht mit der bisherigen Dynastie verwandte General Taksin, der der Belagerung entkommen war, gründete eine neue Hauptstadt in Thonburi und organisierte erfolgreich den Widerstand gegen die Birmanen. Die Thai erholten sich rasch von der Invasion der Birmanen, nicht zuletzt aufgrund der harten Politik Taksins. Das Reich wurde wiedervereinigt, auch Lan Na wurde eingegliedert. Taksin wurde jedoch abgesetzt und 1782 hingerichtet.

Neuer König wurde der General Chao Phraya Chakri (später Phra Phutthayotfa Chulalok oder Rama I.), der das noch heute regierende Königshaus, die Chakri-Dynastie begründete, die Hauptstadt in das heutige Bangkok verlegte und den Staat zu konsolidieren vermochte. Jedoch mussten den europäischen Kolonialmächten Handelsniederlassungen zugestanden werden. König Mongkut (Rama IV.) war angesichts der Entwicklungen in den Nachbarländern zu Verhandlungen über Handelsverträge gezwungen; gleichzeitig erkannte er den Bedarf für Reformen und Modernisierungen, um nicht von einer europäischen Macht kolonisiert zu werden. Ab 1855 wurde das Land offiziell Siam genannt.

Modernisierung und Entwicklung zum Nationalstaat

Mongkuts Nachfolger Chulalongkorn (Rama V.) war der große Reformer in der Geschichte Thailands. In seiner Regierungszeit wurden zahlreiche westliche Errungenschaften nach Thailand eingeführt, wie Schulen, die Wehrpflicht und ein Steuersystem; die Verwaltung wurde zentralisiert, die Sklaverei abgeschafft und mit dem Bau von Eisenbahnen und anderer Infrastruktur begonnen. Die Einwanderung aus China erreichte bald ihren Höhepunkt und anti-chinesische Tendenzen entstanden. Siam blieb ein unabhängiger Staat und erfüllte eine Pufferfunktion zwischen dem britischen Kolonialreich, das Malaya, Indien und Birma erobert hatte, und Französisch-Indochina, das Laos, Kambodscha und Vietnam umfasste. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, blieb das Land zunächst neutral. Erst 1917 stellte sich Siam auf die Seite der Alliierten und entsandte ein Kontingent an die Westfront. Es wurde mit besseren Vertragsbedingungen belohnt; nach Ende des Krieges gehörte Siam zu den Gründungsmitgliedern des Völkerbundes.

Übergang zur Konstitutionellen Monarchie

1932 kam es zu einem Umsturz durch fortschrittliche, europäisch geprägte Kräfte, die der absoluten Monarchie ein Ende setzte. Phibunsongkhram und Pridi Phanomyong besetzten in den Folgejahren die wichtigsten Posten und leiteten eine der Shōwa-Zeit Japans ähnliche Entwicklung ein: Der Nationalismus wurde gefördert, was sich in der Umbenennung in ‚Thailand‘ widerspiegelte und was gemäß einer beliebten Volksetymologie „Land der Freien“ bedeute, ausländische Unternehmen wurden hoch besteuert, Opium und Betel wurden verboten und Gebietsansprüche gegenüber den angrenzenden französischen und britischen Kolonien gestellt. Thailand forderte bereits im Jahr 1938 von Frankreich eine Neuverhandlung über die gemeinsamen Grenzen. Der Krieg zwischen beiden dauerte von Oktober 1940 bis 9. Mai 1941 und endete mit thailändischen Gebietsgewinnen in den französischen Kolonien Laos und Kambodscha.

Thailand forderte bereits im Jahr 1938 von Frankreich eine Neuverhandlung über die gemeinsamen Grenzen. Der Krieg zwischen beiden dauerte von Oktober 1940 bis 9. Mai 1941 und endete mit thailändischen Gebietsgewinnen in den französischen Kolonien Laos und Kambodscha.

Zweiter Weltkrieg

Die Annäherung an Japan ging bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs weiter. Das Ziel der Japaner war der Zugang zu den britischen Kolonien Birma und auf der malaiischen Halbinsel. Japanische Truppen drangen ab dem 8. Dezember 1941 auf thailändisches Gebiet vor. Ein Bündnisangebot Japans wurde erst am 20. Dezember 1941 angenommen, nachdem japanische Truppen bereits tief ins Land eingedrungen waren. Thailand musste Japan den Durchzug seiner Truppen auf dem Weg zur Eroberung Birmas und Indiens erlauben. Um Transporte zwischen Thailand und Birma zu vereinfachen und den Überfall auf Britisch-Indien vorzubereiten, wurde ab Mitte 1942 unter unmenschlichen Bedingungen von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen die Thailand-Burma-Eisenbahn gebaut, die den Beinamen „Eisenbahn des Todes“ erhielt.

Die Regierung in Bangkok erklärte den Alliierten Januar 1942 den Krieg. Einer der Kronregenten weigerte sich jedoch, die Kriegserklärung zu unterzeichnen, weshalb sie nach Kriegsende rückwirkend für ungültig erklärt wurde. Als Belohnung für das Bündnis mit Japan bekam Thailand kleinere Gebiete des im Zuge des Krieges eroberten Malayas und Birmas zugeschlagen. Gleichzeitig formierte sich mit Wissen der Regierung der Widerstand gegen die faktische japanische Besatzung. Durch diese Taktik blieb Thailand von größeren Kampfhandlungen weitgehend verschont, allerdings gab es von 1942 bis 1945 alliierte Bombenangriffe auf Bangkok. Premier Phibunsongkhram musste 1944 sein Amt niederlegen und nach Kriegsende gab Thailand die neugewonnenen Provinzen zurück.

Nachkriegszeit: Demokratie, Militärregierungen und „Halbdemokratie“

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in Thailand für eine kurze Zeit Demokratie. 1946 wurde eine neue Verfassung angenommen, die ein Zweikammerparlament vorsah und den Namen Siam wieder einführte. In der Folge des bis heute ungeklärten Todes von König Ananda Mahidol wurde 1947 die Zivilregierung gestürzt, das Militär übernahm unter den Feldmarschällen Phibunsongkhram, Sarit Thanarat und Thanom Kittikachorn die Macht bis 1973. Diese Periode war geprägt von einer stärkeren Förderung westlicher Normen in der Gesellschaft, Antikommunismus, Stärkung des Königshauses und von Durchdringung der Gesellschaft durch das Militär und die Polizei in allen Ebenen. 1949 wurde das Land erneut in Thailand zurückbenannt. Außenpolitisch lehnte man sich an die USA, an deren Seite Thailand Einheiten in den Koreakrieg sandte und denen es erlaubte, bedeutende Militärbasen für den Vietnamkrieg aufzubauen. Thailand wurde Gründungsmitglied von SEATO, ASA und ASEAN.

1973 erschütterten Protestwellen das ganze Land. Im Oktober 1973 schoss die Armee auf Demonstranten, was zahlreiche Todesopfer forderte. Der König zwang daraufhin die Regierung abzudanken. Sanya Dharmasakti, Rektor der Thammasat-Universität wurde Übergangspremierminister. Die folgenden Wahlen brachten jedoch kein klares Ergebnis; die Zivilregierungen von Seni Pramoj und Kukrit Pramoj blieben instabil. Nach dem Massaker an protestierenden Studenten der Thammasat-Universität im Oktober 1976 putschte das Militär erneut. Es folgte eine Phase von Repressionen und politischer Säuberungen gegen vermutete Kommunisten. Die folgenden Militärregierungen waren ebenfalls kurzlebig, es herrschten wirtschaftliche Probleme, soziale Unruhe, Korruption und Machtmissbrauch. In die Regierungsperioden dieser Militärregierungen fielen jedoch wichtige Wirtschaftsreformen und die Normalisierung der Beziehungen zu den kommunistischen Nachbarstaaten Kambodscha, Laos und Vietnam. Unter der „halbdemokratischen“ Regierung des Generals Prem Tinsulanonda von 1980 bis 1988 kehrte wieder Stabilität ein.

Der kommunistische Aufstand wurde beendet, Wirtschaft und Gesellschaft schrittweise liberalisiert. Gleichzeitig gab es einen wirtschaftlichen Boom. Thailand wurde als einer der Pantherstaaten (oder “Tiger Cub Economies”) zum Schwellenland. Von 1988 an hatte Thailand eine gewählte Regierung, die allerdings 1991 wieder durch einen Militärputsch gestürzt wurde. Die durch diesen Putsch an die Macht gekommene Regierung von Suchinda Kraprayoon war mit heftigen Bürgerprotesten konfrontiert, die sie im „Schwarzen Mai“ 1992 gewaltsam niederzuschlagen versuchte. Kurz darauf musste sie zurücktreten. Im Jahr 1992 ging die Macht wieder an eine Zivilregierung über. Unter Chuan Leekpai wurden Verfassungsänderungen durchgesetzt, die eine stabilere Demokratie fördern sollten. So wurde das Wahlalter gesenkt, ein Verfassungsgericht eingeführt und der Senat verkleinert. Die Regierung von Chavalit Yongchaiyudh stürzte 1997 über die Asienkrise, die durch überhitzte Wirtschaft, Spekulation, Missmanagement in den Banken und falsche Wirtschaftspolitik hervorgerufen worden war. Mit Hilfe des IWF wurde die Wirtschaft ab 1998 wieder stabilisiert.

Politische Polarisierung seit 2001

Die Wahlen im Jahr 2001 gewann der Telekommunikationsmogul Thaksin Shinawatra mit seiner Thai-Rak-Thai-Partei („Thai lieben Thai“) erdrutschartig. Mit einem Programm zur Ausweitung des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, einem Schuldenmoratorium für Bauern und Kleinkrediten zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen im strukturschwachen Raum erlangte er große Popularität, besonders bei der Landbevölkerung. Er erklärte einen „Krieg gegen Drogen“, in dem binnen drei Monaten über 2000 Menschen starben, darunter auch viele Unbeteiligte. Auch wählte er ein repressives Vorgehen gegenüber den Separatisten im muslimisch-malaiischen Süden. Das führte zu einer Verschärfung des Konflikts mit fast täglichen Anschlägen der islamistischen und separatistischen Kämpfer und gewaltsamen Reaktionen der thailändischen Sicherheitskräfte, wobei ebenfalls tausende starben. Am 26. Dezember 2004 wurde die Westküste Thailands schwer vom Tsunami im Indischen Ozean getroffen. 2005 wurde Thaksin mit Zwei-Drittel-Mehrheit wiedergewählt, seine Partei konnte erstmals in der demokratischen Geschichte Thailands eine Alleinregierung bilden. Er versuchte seine Position zu sichern, indem er wichtige Positionen im Staat mit seinen Vertrauten (und sogar Verwandten) besetzte, und behinderte kritischen Journalismus. Ihm wurde ein Missbrauch seines Amts zum eigenen Vorteil vorgeworfen. Es bildete sich eine Bürgerbewegung gegen Thaksin, die als „Gelbhemden“ bekannt wurde. Vorgezogene Neuwahlen scheiterten aufgrund eines Boykotts der Opposition. Am 19. September 2006 putschte das Militär. Thaksin hält sich seitdem im Ausland auf. Die Junta setzte eine Übergangsregierung ein, die ein Jahr lang amtierte, und ließ eine neue Verfassung ausarbeiten, die vom Volk in einem Referendum angenommen wurde. Bei darauffolgenden Wahlen gewannen erneut die Unterstützer Thaksins.

Es kam zu neuerlichen Protesten der „Gelbhemden“ gegen Thaksins fortgesetzten Einfluss auf die thailändische Politik. Sie belagerten wochenlang das Regierungsgebäude und besetzten den Flughafen von Bangkok. Durch ein Verfassungsgerichtsurteil gegen die Regierungspartei und das Überlaufen einiger Abgeordneter kam es im Dezember 2008 zu einem Regierungswechsel ohne Wahlen. Das weckte wiederum den Zorn der Thaksin nahestehenden „Rothemden“, die sich ihrer Stimmen beraubt fühlten. Ihre in Unruhen umschlagenden Proteste im April 2009 und April und Mai 2010 wurden vom Militär niedergeschlagen. Dabei starben über 90 Menschen. Der alte Grenzkonflikt zwischen Kambodscha und Thailand um den Tempel Prasat Preah Vihear eskalierte im Frühjahr 2011, es kam zu Feuergefechten mit Toten und Verletzten. Im Juli 2011 gewann Thaksins Schwester Yingluck Shinawatra die Wahlen. Bald nach ihrer Regierungsübernahme ereignete sich in der zweiten Jahreshälfte 2011 die schwerste Flutkatastrophe seit 50 Jahren. Weite Gebiete entlang des Mae Nam Chao Phraya (Chao-Phraya-Fluss) waren überschwemmt, fast 400 Menschen kamen ums Leben. Im Oktober 2013 schlug die Regierung Yingluck eine Amnestie für alle Beteiligten des politischen Konflikts der vorangegangenen Jahre vor, die auch Thaksin Shinawatra die straflose Rückkehr erlaubt hätte. Das löste neuerliche Proteste der Thaksin-Gegner aus. Von der Regierung vorgezogene Neuwahlen wurden behindert und deshalb für ungültig erklärt. Am 22. Mai 2014 putschte erneut das Militär. Seither übt General Prayut Chan-o-cha die Regierungsgewalt aus. Mit der Ablehnung des ersten Verfassungsvorschlags der Militärregierung im September 2015 sind Wahlen in weitere Ferne gerückt. Damit sei nun frühestens im Herbst 2017 zu rechnen.