Geschichte
Indianische Kulturen
Die ältesten Spuren menschlichen Lebens wurden in der Caverna da Pedra Pintada im Bundesstaat Piauí gefunden. Die ältesten datierten Funde stammen aus der Zeit um 11.700 BP. Um 7580 BP wurde dort Keramik genutzt (Paituna-Phase). Ebenfalls zu den ältesten Kulturen zählt die Itaparica-Phase, am Abrigo do Sol in Mato Grosso do Sul fanden sich ähnlich alte Spuren aus der Zeit zwischen 11.500 und 6000 BP (Dourado-Tradition). Skelettfunde belegen, dass die Küstengebiete des heutigen Brasilien um 8000 v. Chr. bewohnt waren. Die Nutzung von Nussbäumen lässt sich bis 8500 v. Chr. in Amazonien zurückverfolgen, echte Landwirtschaft setzte zwischen 6000 und 2700 v. Chr. ein – hier ist noch Vieles unklar. Vielfach wurde durch Brand das Wachstum bestimmter Pflanzen, wie etwa Palmen gefördert, die Nahrung lieferten, ein Prozess, der spätestens im 4. oder 3. vorchristlichen Jahrtausend nachweisbar ist; hinzu kam Gartenbewirtschaftung und eine zunehmende Sesshaftigkeit vieler Gruppen. Im 2. Jahrhundert n. Chr. muss die Bodennutzung äußerst intensiv gewesen sein, worauf die sogenannte Amazonian Dark Earth hinweist.
Die frühen Bewohner veränderten durch Anpflanzung bestimmter Pflanzenarten sowie durch Bodenverbesserung das Ökosystem des Amazonasbeckens grundlegend. Auch ihre Ansiedlungen – etwa auf der riesigen Flussinsel Marajó – waren weit größer als lange angenommen. Darüber hinaus bauten viele Gruppen sogenannte Mounds, häufig Begräbnishügel, die an der Küste Brasiliens, wenn sie aus Muscheln bestanden, als sambaquis bezeichnet werden. Andere stellten zeremonielle Zentren oder Residenzen dar. Der Mound-Komplex von Ibibate im bolivianischen Amazonien umfasst 11 ha, auf Marajo fanden sich allein 40 Mounds.
In der Provinz Mato Grosso fanden sich zahlreiche geplante Orte, in denen Fischzucht und Landwirtschaft bis in die Zeit um 1500 betrieben wurden. Die bis zu 60 ha großen Städte waren durch ein Straßennetz miteinander verbunden – obwohl in den meisten Gebieten das Kanu das Fortbewegungsmittel war –, es fanden sich Dämme und künstliche Teiche. Wie an vielen Stellen Amerikas dürften die Menschen am Xingu Epidemien zum Opfer gefallen sein, vor allem den Pocken.
Portugiesische Kolonialzeit
Schon 1494 beschlossen Portugal und Spanien die Aufteilung Südamerikas im Vertrag von Tordesillas. In diesem wurde unter Vermittlung von Papst Alexander VI. eine Trennung der Interessenssphären festgeschrieben, so dass die gesamte Westküste spanische, und die (zu diesem Zeitpunkt noch allgemein unbekannten) Küstenabschnitte des heutigen Brasiliens portugiesische Kolonie würden. Voraussetzung für eine legitime Herrschaft war dabei die konsequente Katholisierung der Einheimischen. Am 22. April 1500 landete der portugiesische Seefahrer Pedro Álvares Cabral beim heutigen Porto Seguro (im Süden des Bundesstaates Bahia) und nahm das Land für die portugiesische Krone in Besitz. Die Zeit von 1500 bis 1530 war von Tauschhandel mit den Einheimischen geprägt. Um jedoch den Franzosen, die den Vertrag von Tordesillas als nicht bindend betrachteten, und die mit den Tupinambá Tauschgeschäfte für Rotholz machten, Einhalt zu gebieten, beschloss die portugiesische Krone, europäische Siedler nach Brasilien zu schicken.
1549 wurde das heutige Salvador da Bahia (São Salvador da Bahía de Todos os Santos) zur Hauptstadt ernannt. Ab 1530 wurden Indios aus dem Landesinnern an die Küste gebracht, die die Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen im Nordosten verrichten mussten. Wegen harter Arbeit, Verfolgung und Anfälligkeit der Indios für europäische Krankheiten starben viele von ihnen. Die Kolonialherren versuchten daraufhin, die verlorengegangene Arbeitskraft durch Sklaven aus Afrika zu ersetzen. Die Afrikaner wurden nach ihrer Verschleppung zwangsweise getauft, behielten jedoch faktisch ihre traditionellen Religionen bei. Dies war die Ursache für die Entstehung der typisch brasilianischen synkretistischen Kulte Candomblé und Umbanda. Bis 1580 brachten die Portugiesen das ganze Land faktisch unter ihre Kontrolle.
1629 hatten sich die Niederländer in der Nähe des heutigen Recife niedergelassen und 1637 unter Führung von Johann Moritz von Nassau-Siegen diese Anbaugebiete erobert, die daraufhin nochmals kurz aufblühten. Bis 1654 stand der Nordosten, v. a. das Gebiet um Pernambuco, unter niederländischer Kontrolle. In der Schlacht von Guararapes wurden die niederländischen Truppen im selben Jahr entscheidend geschlagen und wieder vertrieben.
Reiche Barockstädte entwickelten sich im 17. Jahrhundert, als Bandeirantes-Expeditionen das Hinterland erkundeten und neben anderen Bodenschätzen auch Gold und Diamanten entdeckten. Im selben Jahrhundert bauten entflohene Sklaven einfache Siedlungen, sogenannte Quilombos, auf. Als in den Quilombos Aufstände gegen die Unterdrückung der Schwarzen ausbrachen, zerstörte man bis 1699 alle Siedlungen wieder. 1763 wurde Rio de Janeiro zur Hauptstadt ernannt, weil sich das wirtschaftliche Zentrum des Landes auf den Süden verlagerte. 25 Jahre später führte der Offizier und Zahnarzt Tiradentes einen Aufstand an, der aber scheiterte. 1792 wurde der heutige Nationalheld Brasiliens hingerichtet. Gleichzeitig begann ein Konflikt mit Spanien, weil die Bandeirantes-Expeditionen die Westgrenze Brasiliens entgegen den Vereinbarungen verschoben.
König- und Kaiserreich Brasilien
1807 fielen französische Truppen von Napoleon Bonaparte nach Portugal ein, woraufhin der portugiesische König João VI. unter britischem Schutz nach Brasilien (erst Bahia, später Rio de Janeiro) flüchtete und dort erstmals den bis dahin strikt verbotenen Auslandshandel erlaubte. Mit der Übersiedlung des Königs und des gesamten Hofstaates bekam Brasilien den Status eines gleichberechtigten Mitglieds des Mutterlandes, und die Hauptstadt Rio de Janeiro war faktisch das Zentrum des damaligen portugiesischen Weltreichs mit Ausnahme des französisch besetzten Portugals. Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde Brasilien mit Portugal gleichgestellt.
Nach Abzug der französischen Truppen aus Portugal musste König João VI. 1821 gegen seinen Willen wieder nach Portugal zurückkehren, um seinen Thronanspruch zu sichern. Er überließ die Herrschaft über Brasilien seinem Sohn Pedro. Pedro I. erklärte am 7. September 1822 in São Paulo die Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal und machte sich am 22. September zum ersten brasilianischen Kaiser. Zwei Jahre später begann die gezielte deutsche Einwanderung in Brasilien mit Gründung der ersten Kolonie São Leopoldo in Rio Grande do Sul. 1828 löste sich die Provinz Uruguay, die man 1821 als Cisplatinische Provinz von Argentinien annektiert hatte, nach drei Jahren Krieg zwischen Brasilien und Argentinien und erklärte ihre Unabhängigkeit von Brasilien. Drei Jahre später kam es zu einem Militäraufstand, weswegen Kaiser Pedro I. abdankte und die Herrschaft auf seinen fünfjährigen Sohn Pedro II. übertrug. Der ehemalige Kaiser Pedro I. ging zurück nach Portugal und trat dort als portugiesischer König Pedro IV. das Erbe seines Vaters an.
Ein Zusatzpunkt der 1822 geschaffenen Verfassung ermöglichte noch am Tag der Abdankung Pedros I. einige Reformen. So wurde die Einsetzung eines einzigen Regenten beschlossen. In der Farrapen-Revolution 1835 spaltete sich mit Rio Grande do Sul erneut eine Provinz ab, die fortan die Republik Piratini bildete, bis sie nach einem zehnjährigen Krieg mit den Regierungstruppen wieder ins Kaiserreich eingegliedert wurde. In der Regentenzeit gab es eine Reihe von weiteren Aufständen im Norden und Nordosten, die relativ schnell niedergeschlagen wurden und vor allem viele Arme das Leben kosteten.
Zweites Kaiserreich Brasilien
Im Jahre 1840, also noch vor seiner Volljährigkeit, wurde Pedro II. zum Kaiser gekrönt. 1864 erklärte Paraguay Brasilien den Krieg. Nach fünf Jahren besiegten Brasilien, Uruguay und Argentinien die Truppen Paraguays im blutigsten Krieg der lateinamerikanischen Geschichte. Obwohl die Kriegsjahre dem Land zusetzten, erlebte Brasilien aufgrund des Kautschukbooms eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Brasilien besaß das Monopol auf Kautschuk und konnte deshalb durch dessen Export große Einnahmen erzielen.
Die Sklaverei wurde 1888 von Kronprinzessin Isabella, einer Tochter Pedros II., mit dem „Goldenen Gesetz“ (Lei Áurea) offiziell abgeschafft. Obwohl Sklaverei bereits seit 1853 geächtet worden war, führte das Verbot zu Aufständen von Großgrundbesitzern und der Armee. In der Folge putschte sich das Militär an die Macht, woraufhin der Kaiser am 15. November 1889 ins Pariser Exil ging und den Weg für die erste Republik freimachte.
Republik und Oligarchie
Die erste brasilianische Republik mit föderativer Verfassung wurde am 24. Februar 1891 von Marschall Manuel Deodoro da Fonseca als Vereinigte Staaten von Brasilien (República dos Estados Unidos do Brasil) ausgerufen. In der Folgezeit etablierte sich ein oligarchisches System. Der Wohlstand war durch die große Kaffee-Nachfrage gesichert und die Wirtschaft konzentrierte sich auf diesen Zweig. In den Ersten Weltkrieg trat Brasilien offiziell auf Seite der Alliierten gegen Deutschland ein, beteiligte sich aber nicht aktiv. In den Kriegsjahren ging die Nachfrage nach Kaffee stark zurück. In den 1920er Jahren forderten große Teile der Bevölkerung ein Ende der Oligarchie.
Ära Getúlio Vargas und Folgezeit
Als 1930 die Kaffeepreise nochmals einbrachen, führte Getúlio Vargas, der „Vater der Armen“, einen Aufstand an und wurde so Präsident. In den ersten Monaten seiner Regierungszeit wuchs die Wirtschaft Brasiliens spürbar. 1937 wurde die Herrschaft Vargas als „wohlwollender Diktator“ festgeschrieben, 1942 erklärte er auf Druck der USA den Krieg gegen die Achsenmächte. Er entsandte ein 25.000 Mann starkes Kontingent (Força Expedicionária Brasileira) nach Italien, das unter anderem in der Schlacht um Monte Cassino eingesetzt wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Vargas von der Armee abgesetzt.
Schon fünf Jahre später wählte ihn das Volk erneut zum Präsidenten. Weil sich die USA gegen die sozialistische Politik Brasiliens stellte und daraufhin Rechte und die Armee Vargas’ Rücktritt forderten, beging er 1954 Selbstmord. Vargas’ Nachfolger Juscelino Kubitschek sorgte mit Hilfe der Partido Trabalhista Brasileiro (PTB) für neue, ausländische Investoren, die die brasilianische Wirtschaft in den späten 1950er Jahren ankurbelten. 1960 wurde dann Jânio da Silva Quadros zum Präsidenten gewählt. Nach seinem Amtsantritt 1961 versuchte er, die Abhängigkeit von den USA zu lösen und den defizitären Staatshaushalt zu konsolidieren. Nach nur wenigen Monaten im Amt trat er wieder zurück, sein Nachfolger wurde der Vize-Präsident João Goulart, kurz nachdem die neue Hauptstadt Brasília nach drei Jahren Bauzeit eingeweiht worden war. Auch Goulart war in der Bevölkerung nicht unumstritten, weshalb seine Befugnisse in den ersten drei Präsidentschaftswahlen eingeschränkt waren.
Zeit der Militärdiktatur
Im Jahre 1964 putschte das Militär und setzte João Goulart ab. Das neue Regime unter Marschall Humberto Castelo Branco unterdrückte die linke Opposition und entzog etwa 300 Personen die politischen Rechte. Ein 1965 verabschiedetes Gesetz schränkte die bürgerlichen Freiheiten ein, sprach der Nationalregierung weitere Machtbefugnisse zu und bestimmte die Wahl des Präsidenten und Vizepräsidenten durch den Kongress.
Der ehemalige Kriegsminister Marschall Artur da Costa e Silva, Kandidat der Regierungspartei ARENA (Aliança Renovadora Nacional; deutsch: Allianz zur nationalen Erneuerung) wurde 1966 zum Präsidenten gewählt. Die Brasilianische Demokratische Bewegung (MDB, Movimento Democrático Brasileiro), die einzige legale Oppositionspartei, weigerte sich aus Protest, einen Kandidaten für die Wahl aufzustellen, weil die Regierung alle ernst zu nehmenden Gegenkandidaten nicht zugelassen hatte. 1966 gewann die ARENA auch die National- und Parlamentswahlen. Das Jahr 1968 stand im Zeichen von Studentenunruhen und Streiks. Das Militärregime reagierte mit politischen Säuberungsaktionen und Zensur. Im August 1969 wurde Costa entmachtet. Das Militär bestimmte General Emílio Garrastazu Médici zu seinem Nachfolger, der Kongress wählte ihn zum Präsidenten. Unter Médici wurden die Repressionen verstärkt und in der Folge nahmen die revolutionären Aktivitäten zu. Der römisch-katholische Klerus erhob seine kritische Stimme immer öfter und prangerte die Bedingungen der armen Bevölkerung an.
1974 wurde General Ernesto Geisel, nach seiner Militärkarriere Präsident der Petrobras, der staatlichen Ölmonopolgesellschaft, zum brasilianischen Präsidenten gewählt. Aufgrund der relativen politischen Stabilität und gezielter Förderung der Industrie war die Zeit der Militärmachthaber zugleich eine Zeit des Wirtschaftsbooms; viele Investoren – auch aus Deutschland – haben in den 1970er Jahren in Brasilien investiert. So avancierte São Paulo zur „größten deutschen Industriestadt außerhalb Deutschlands“ dieser Zeit.
Anfang der 80er Jahre schwächte die Militärregierung die Repression deutlich ab, bis schließlich 1985, auch aus Mangel an eigenen Optionen aus dem Militärkader und bereits inmitten einer Wirtschaftskrise mit galoppierender Inflation, freie Wahlen zugelassen wurden.
Demokratie seit 1985
Der Wahlsieger Tancredo Neves wurde kurz vor seiner Amtseinsetzung in Brasília ins Krankenhaus eingeliefert. Wegen eines Magengeschwürs wurde er sieben Mal operiert. Er starb am 21. April 1985 an Infektionen, die er sich bei der Operation zugezogen hatte. Präsident wurde dann der zum Vizepräsidenten gewählte José Sarney. Sarney hatte mit enormen Auslandsschulden, Hyperinflation und Korruption zu kämpfen, was er mit dem „Plano Cruzado“ zuerst recht erfolgreich versuchte. Darüber hinaus musste er die neue Demokratie stabilisieren.
In demokratischen Wahlen wurde 1990 Fernando Collor de Mello zum Nachfolger Sarneys gewählt. Die ersten Monate seiner Amtszeit verbrachte er mit der Bekämpfung der Inflation, die zeitweise 25 % monatlich erreichte. Am 26. April 1991 wurde Mercosur (portugiesisch Mercosul) gegründet. Dieser Gemeinsame Markt des Südens, den die Staaten Argentinien, Paraguay und Uruguay gemeinsam mit Brasilien gründeten, ist ein Binnenmarkt mit mehr als 230 Millionen Einwohnern, der die Wirtschaft der Mitgliedsländer und dadurch die Stellung Lateinamerikas in der Welt stärken sollte.
Im Jahr 1992 wurde Collor von seinem Bruder Pedro der Korruption bezichtigt, was zu Untersuchungen durch Kongress und Presse führte. Die sich verdichtenden Hinweise auf Bestechlichkeit und Veruntreuung von Staatsmitteln gaben den Anstoß zu Massendemonstrationen und Unruhen in den großen Städten Brasiliens. Im Oktober des gleichen Jahres stimmte der Kongress für Collors Absetzung, der daraufhin zurücktrat. Verfassungsgemäß wurde Vizepräsident Itamar Franco sein Nachfolger.
Im Jahre 1993 konnte die Bevölkerung Brasiliens in einem Referendum sowohl über die Staats- als auch über die Regierungsform entscheiden. Die Wahl fiel dabei eindeutig auf Republik (statt Monarchie) mit präsidialem (statt parlamentarischem) Regierungssystem. 1994 wurde eine umfassende Währungsreform beschlossen, wodurch die Hyperinflation beendet werden konnte. Hauptverantwortlich für die Einführung der neuen Währung sowie einer Reihe weiterer Maßnahmen (insgesamt als „Plano Real“ bezeichnet) war Fernando Henrique Cardoso, der diesen Erfolg bei seiner Präsidentschaftskandidatur nutzen konnte und im Oktober 1994 sowie ein weiteres Mal im Oktober 1998 zum Präsidenten gewählt wurde. Zur Sanierung des Haushalts beschloss das Parlament die Privatisierung von Staatsmonopolen, dennoch stieg die Staatsverschuldung unter der Präsidentschaft von Cardoso von 28,1 % auf 55,5 % des Bruttoinlandsprodukts an. Von 2003 bis 2011 war Luiz Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei PT Präsident Brasiliens. Er legte Wert auf die Verringerung der Staatsverschuldung, setzte aber auch soziale Programme wie Fome Zero ("Null Hunger") und Bolsa Família ("Geldbörse für Familien") um. 2004 führte Brasilien erstmals in seiner Geschichte UN-Friedenstruppen an, das Militär entsandte 1.470 Soldaten nach Haiti.
Im Jahre 2011 wurde Dilma Rousseff als erste Frau zum Staatsoberhaupt Brasiliens gewählt. Trotz ihres umstrittenen, harten Regierungsstils, der sich sehr von dem ihres Mentors Lula abhebt, betrugen im März 2012 ihre Zustimmungswerte 72 Prozent, im März 2013 waren sie auf 79 Prozent angestiegen. Mitte Juni begann jedoch eine Gruppe von jungen Menschen, welche die Fahrpreiserhöhungen bei öffentlichen Transportmitteln in São Paulo ablehnte, zu protestieren. Die gewaltvolle Repression, mit der die Polizei auf die Demonstrierenden reagierte, löste eine Kette von landesweiten Protesten hervor: In den folgenden Wochen gingen die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straße. Gekämpft wurde zusätzlich gegen die Austragung der Fußballweltmeisterschaft 2014, Korruption, Missachtung von Menschenrechten, Angriffe auf soziale Rechte sowie auf die Rechte von Frauen, Homosexuellen und Indigenen. Ein Großteil der Kritik richtete sich an die Regierung und ihre zu wenig soziale Politik. Präsidentin Rousseff reagierte darauf mit dem Versprechen eines „großen Pakts“ für ein besseres Brasilien. Von Juni auf Juli sanken die Zustimmungswerte von Präsidentin Rousseff auf 31 Prozent ab.
Die tiefe Vertrauenskrise in das politische System wurde mit der Absetzung Rousseffs im Jahr 2016 nicht behoben, da diese an einem System scheiterte, das "älter ist als die Demokratie", jedoch auch von der Arbeiterpartei unter ihrer und der Präsidentschaft ihres Vorgängers Lula gepflegt anstatt verändert worden war. Roussefs Nachfolger Temer verlor innert eines halben Jahres sechs seiner Minister wegen Korruptionsvorwürfen, während das Land schon das zweite Jahr in Folge in einer Rezession steckte. Im Mai 2017 ermittelte das Oberste Gericht auch gegen den Präsidenten Temer. Nicht nur die staatliche Erdölfirma Petrobras, sondern damit auch der Baukonzern Odebrecht und der weltgrösste Fleischhändler JBS waren in die Korruption verwickelt.